Luxemburgs Erzbischof Hollerich will Jugendlichen Gott näher bringen

Gott nicht im Chat-Room suchen

Veröffentlicht am 28.02.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Jugend

Trier ‐ Wie kann christliche Erziehung und Bildung in einer zunehmenden individualisierten und globalisierten Welt aussehen? Dieser Frage stellte sich der Erzbischof von Luxemburg, Jean-Claude Hollerich, am Mittwochabend in der Trierer Welschnonnenkirche. In seinem Vortrag gab er zündende Antworten.

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"Wir müssen die Jugend vom Virtuellen zum Wirklichen führen", so der Oberhirte der katholischen Kirche in Luxemburg. Das Erleben von vielen Jugendlichen geschehe in Chat-Rooms. Dadurch würden die Fantasie und die Realität verwischt. "Gott aber existiert im Reellen. Wenn man die Jugendlichen zur Realität hinführt, dann finden sie auch zu Gott, weil Gott das Reellste ist, was es gibt." Erzbischof Hollerich verwies auf die Wichtigkeit der Weltjugendtage, wo der individualisierten Jugend die Gruppe vermittelt würde. In Brasilien hätten die Jugendlichen eine Welt der Beziehungen erleben dürfen.

Wie man die jungen Menschen auf die Realität von Armut und auf die Peripherie der Gesellschaft verweisen könne, illustrierte der Erzbischof anhand eines Beispiels, das er als "Abenteuer" bezeichnete : Mit 120 Jugendlichen aus Luxemburg wird er im August nach Nordthailand zu einem Bergstamm der Karen reisen und gemeinsam mit einer Gruppe ethnischer Minderheiten eine Kirche bauen.

"Klassiker des Glaubens" neu erfahrbar machen

"Wir müssen eine missionarische Kirche für die Jugend bilden", plädierte Hollerich, der lange Jahre in Japan an der Sophia Universität unterrichtete. Dafür brauche es eine globale Jugendkultur. Auch müsse die religiöse Erfahrung stets durch Erfahrung wach gehalten werden. "Durch die virtuelle Welt ist die religiöse Erfahrung in Gefahr." Deshalb dürfen die "Klassiker der Glaubens" – die Bibel und die großen Schriften der Spiritualität – nicht aus einer sich anbahnenden neuen Kultur hinauskomplimentiert werden. Für den Luxemburger Theologen müssen die "spirituellen Klassiker einer christlichen Kultur" weiterhin den Nährboden bilden.

Bild: ©Erzbistum Luxemburg

Jean-Claude Hollerich ist seit 2011 Erzbischof von Luxemburg.

"Mir schwebt eine Schule vor, in der man christliche Klassiker lehrt", so der Erzbischof. Denn die meisten Leute lebten nicht in einem Priesterseminar. Deshalb müsse man diese Klassiker in die Sprache der Jugend übersetzen, denn komplizierte Texte würden von der Jugend nicht mehr verstanden. "Jede Zivilisation hat einen Kanon von Schriften entwickelt", erklärt Hollerich. Die Jugendlichen hätten einen anderen als die älteren Generationen. Die Bindung zwischen den Generationen werde heutzutage jedoch schwächer und die Weitergabe des Kanons stagniere.

"Die Jugend setzt ihre eigene Erfahrung zum Maßstab und nicht mehr die Erfahrung des Weitergebens", sagt der Erzbischof, für den die menschliche Erfahrung immer höchste Priorität hat. Mit den Schlagwörtern Familie, Solidarität und Ökologie skizzierte er einen "christlichen Humanismus", den es auch in einer sich im Wandel befindlichen Zivilisation zu pflegen gelte.

Hollerich: 'Religion light' gibt es nicht

Dass die Volkskirche zu einer Minderheitskirche mutiert, stimmt den Erzbischof keineswegs pessimistisch, denn "Minderheiten können Kulturen prägen". Der Redner verwies auf das Ende der römischen Kultur, als das Christentum schon einmal in Gefahr war. "Zum Glück habe es die Klöster gegeben", so Hollerich. Dank der Mönche sei die christliche Botschaft in ein neues Zeitalter – das Mittelalter – gerettet worden. Der Erzbischof ermutigte dazu, in der heutigen Zeit einen ähnlichen kulturellen Beitrag zu leisten und dem Beispiel Willibrords, des "rastlosen Verkünders des Evangeliums", nachzueifern: "Das Christentum muss mit der Kultur Europas verbunden bleiben. So wie einst die Mönche müssen wir die Heilige Schrift zu einem Zentrum machen, um das neue kulturelle Leben zu interpretieren." Dafür brauche es Ritus und Freiheit gepaart an eine gute Portion Authentizität. "Die Jugendlichen müssen sehen, dass auch der Erzbischof zur Beichte geht."

Für den Theologen kann und soll das Christentum sich nicht vor anderen Kulturen verschließen, aber "der Motor muss das Christentum bleiben: 'Religion light' gibt es nicht". Zuversichtlich blickt der Erzbischof in die Zukunft: "Gott wird dafür sorgen, dass das Christentum auch in der Welt von morgen präsent sein wird." Und er ruft der Jugend zu: "Ihr seid die Kirche von Morgen."

Von Marc Jeck