Kieler Landtag entscheidet über Gottesbezug in der Verfassung

Gottlos in Kiel?

Veröffentlicht am 08.10.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Kiel ‐ Die Abgeordneten des Landtags von Schleswig-Holstein entscheiden am Mittwoch über die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Präambel der neuen Landesverfassung . Zur Abstimmung stehen drei Gesetzentwürfe: zwei mit und einer ohne Gottesbezug. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit der 69 Abgeordneten muss für eine Änderung der Verfassung votieren. Zuletzt schienen die Lager der Befürworter und Gegner etwa gleich stark zu sein.

  • Teilen:

Im Gesetzentwurf der CDU-Fraktion heißt es, dass sich der Landtag "in Vertretung der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger in Verantwortung vor Gott und den Menschen und auf der Grundlage der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte" die folgende Landesverfassung gebe. Dagegen wählt ein von fünf Abgeordneten verschiedener Fraktionen eingebrachter Entwurf eine Formulierung, die neben dem Glauben an Gott auch andere Weltanschauungen berücksichtigt. Darin heißt es: "Der Landtag hat in Vertretung der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger auch in Verantwortung vor Gott, den Menschen und im Bewusstsein des religiösen, philosophischen und humanistischen Erbes..." sich eine Verfassung gegeben.

Ein weiterer Gesetzentwurf von Vertretern der Faktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Piraten und der Abgeordneten des SSW schließlich verzichtet ganz auf die Gottes-Formel . Stattdessen heißt es dort: "Der Landtag hat in Vertretung der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte als Fundament jeder menschlichen Gemeinschaft...".

Player wird geladen ...
Video: © Klaus Böllert

Interview mit dem Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig.

"Gott gehört nicht in die Verfassung"

Die Abgeordneten wollen am Mittwoch namentlich abstimmen. Der Fraktionszwang ist aufgehoben. Bei einer Landtagssitzung im Juli hatte etwa Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) erklärt, für den Gottesbezug stimmen zu wollen. Eine Verfassung ohne einen solchen Bezug könne er sich nicht vorstellen. "Es muss einen Bezug geben zu etwas, das mehr ist als der Mensch", so der evangelische Christ. Entscheidend sei, dass sich die Mehrheit der Menschen im Land "auf etwas zurückführt, das mehr ist als sie selbst". Und das sei in Schleswig-Holstein der Fall.

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki verkündete, er werde gegen den Gottesbezug stimmen, denn "Gott gehört nicht in die Verfassung, er gehört ins Leben eines jeden Menschen". Die Verfassung sei ein Verwaltungsinstrument, sie solle keine Werte setzen. Ähnlich argumentierten die Grünen-Abgeordneten Eka von Kalben und Anke Erdmann, die sich zu ihrem christlichen Glauben bekannten, aber gegen einen Gottesbezug in der Verfassung aussprachen. Der Sozialdemokrat Kai Dolgner verwies auf das zweite Gebot. Es sei nicht nötig, Gottes Namen zu gebrauchen.

Parlamentspräsident Klaus Schlie dagegen verdeutlichte, es gehe nicht um eine bestimmte Religion, "sondern um ein Bekenntnis, das auch ein nicht-religiöser Mensch akzeptieren kann". Der CDU-Abgeordnete hatte den Verfassungsausschuss geleitet und ist Befürworter des Gottesbezugs.

Von Johannes Schönwälder (KNA)

Aktuell: Kein Gottesbezug

Der schleswig-holsteinische Landtag hat die Einfügung eines Gottesbezugs in die Verfassung abgelehnt. Mit deutlicher Mehrheit stimmten die Abgeordneten am Mittwochabend in Kiel für einen Vorschlag ohne Bezug auf Gott in der Präambel. Die katholische Kirche zeigt sich in ersten Reaktionen enttäuscht darüber. Der Landtag sende damit aus, wir seien "selbst die Herren unseres Schicksals", twitterte das Erzbistum Hamburg die Reaktion des Diözesanadministrators Ansgar Thim. "Das finde ich problematisch", so der Generalvikar, der das Erzbistum übergangsweise verwaltet. Auch die Leiterin des Katholischen Büros Schleswig-Holstein, der Verbindungsstelle des Erzbistums zum Landtag, Beate Bäumer, äußerte sich "sehr enttäuscht". Die Entscheidung gehe am Volkswillen vorbei, sagte sie katholisch.de. (luk)