Hoffnung anbieten
In letzteren Fällen kommt es zum Beispiel zu Verlautbarungen wie der des Erzbistums Warschau. Auf der Internetseite der polnischen Erzdiözese wurde jüngst eindringlich vor Halloween gewarnt. Das Fest fördere die Ausbreitung von Okkultismus und Magie und stehe nicht im Einklang mit den Lehren der Kirche. Bereits vor einigen Jahren rief die evangelisch-lutherische Kirche Schwedens zu einer Demonstration gegen Halloween auf. Nach ihrer Meinung glorifiziere Halloween "das Böse, die Gewalt und den Tod".
Wer solche Meinungen zu Halloween hat, sollte sie am besten für sich behalten. Im günstigen Fall rufen sie in der Öffentlichkeit ein mildes Lächeln hervor. Voller werden Kirchen dadurch sicher nicht. Weder zum gleichzeitig stattfindenden evangelischen Reformationstag noch an den Tagen danach, wenn zu Allerheiligen und Allerseelen Katholiken Heiligen und Verstorbenen gedenken.
Es geht aber auch anders. Zum Beispiel durch eine Aktion des Online-Projekts Frischfischen – Gott und die Welt im Netz 2.0 . Man sei bereits im vergangenen Jahr von Kindern genervt gewesen, die zu Halloween Süßes oder Saures forderten, auf Nachfrage aber nicht hätten sagen können, warum sie das tun, erläutert Jens Albers, Mitinitiator von Frischfischen und von Beruf Online-Redakteur beim Bistum Essen.
Bereits im zweiten Jahr bieten Albers und sein Mitstreiter Stefan Lesting ihr Erste-Hilfe-Set für Halloween an. Poster und Flugblätter sollen Kinder darauf hinweisen, am 6. Januar wiederzukommen, um als Sternsinger Spenden für Notleidende Kinder zu sammeln und zur Belohnung etwas Süßes zu bekommen. Halloween sei reiner Kommerz, findet Albers. Dumpfe Kritik ist aber nicht seine Sache. "Wenn Kirche sich über etwas aufregt, dann positiv", findet Albers. "Man sollte zeigen, welche Werte man hat."
Lockerer Umfang dem "Winterkarneval"
Apropos Werte. Das heutige Halloween-Getöse, der "Winterkarneval", wie ihn der Brauchtumsexperte und katholische Theologe Manfred Becker-Huberti nennt, hat mit dem ursprünglichen Fest wohl nicht viel gemein. Befördert werde Halloween durch die Industrie, die daran verdiene, und nicht durch seinen Grundgedanken, so Becker-Huberti. Dieser Grundgedanke, mögen Wissenschaftler auch über Ursprünge, Tradition und Bezüge zum Christentum streiten, dreht sich um Fragen nach dem Tod, der Vergänglichkeit und dem Dasein auf einer wie auch immer gearteten anderen Seite.
Reinhard Mawick, Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland, findet, man sollte Halloween locker sehen. Streitbare Katholiken wie Protestanten sollten darüber nachdenken und nicht vergessen, dass gerade Antworten auf Fragen nach Sterben, Tod und dem, was danach kommt zu den Kernkompetenzen der Kirche gehören. Mit dem Satan drohen, wie es die Erzdiözese Warschau tut, ist einfach. Hoffnung anbieten eigentlich auch. Eigentlich müsste den Kirchen der Umgang mit Halloween unglaublich leicht fallen. Etwas einfach zu verteufeln, kann jeder – eine Botschaft mitliefern hingegen nicht.
Von Christoph Meurer