Gastbeitrag von Bischof Franz-Josef Bode zu Fronleichnam

In Seinem Brot ist das Leben

Veröffentlicht am 04.06.2015 um 00:01 Uhr – Von Franz-Josef Bode – Lesedauer: 
Fronleichnam

Osnabrück ‐ Das Hochfest Fronleichnam dient der Verehrung des Altarsakraments. In einem Gastbeitrag ruft Bischof Franz-Josef Bode dazu auf, sich bewusst und aufmerksam auf die Eucharistie einzulassen und neu Geschmack an Gott zu finden.

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"Öffne deinen Mund und iss, was ich dir gebe." Das sagt Gott in der Bibel zum Propheten Ezechiel (Ez 2,8). Viele werden sich an Kindertage erinnern, in denen sie essen sollten, was sie nicht wollten. Heute haben wir oft eher umgekehrte Probleme: "Iss nicht zu viel! Achte auf deine Linie!"

"Öffne deinen Mund und iss, was ich dir gebe. - Lass dich von mir nähren." Gottes Kost für Ezechiel ist zunächst wenig schmackhaft, sie ist bitter. Eine Buchrolle soll er essen, ein Buch voller Klagen, Seufzern und Weherufen.

Doch steckt in dieser Kost etwas Kost-bares. Gott will dem Propheten, dem Künder seines Wortes und Deuter des Lebens, sagen: "Iss, was du vor dir hast. Ich kann dir die Wirklichkeit des Lebens nicht ersparen. Du musst Erfahrungen machen, die nicht sofort süß schmecken und angenehm auf der Zunge zergehen. Nimm in dir auf, was dir begegnet, was ich dir gebe: Worte, Ereignisse, vieles, was auch quer heruntergeht. Indem ich, der Herr, es dir zu essen gebe, wird es sich in dir wandeln in meine Botschaft, mein Wort, meinen Geist, mein Leben, das durch dich zur Welt kommen will. Und es wird dich selbst wandeln, weil du dich meinem Willen und dem Leben gestellt hast."

Bild: ©dpa

Franz-Josef Bode ist Bischof von Osnabrück.

Wer auf Geheiß Gottes die Wirklichkeit seines Lebens, seiner Begegnungen, seiner Widerfahrnisse annimmt, dem wird das Erfahrene trotz mancher Bitterkeit süß, weil er letztlich damit Geschmack an einem bewussten, tiefen Leben findet und damit Geschmack an Gott selbst. Das ist die wahre Weisheit. Nicht umsonst kommt das lateinische Wort für Weisheit "sapientia" von "sapere", "schmecken".

Am meisten und am tiefsten können wir an Gott Geschmack finden durch das, was er uns als lebendige, personale Speise anbietet: durch das Aufnehmen des Leibes und des Blutes seines Sohnes Jesus Christus in der Eucharistie. Vielen ist sie eine lästige Speise, weil sie vielleicht früher zu sehr befohlen und zu streng anerzogen wurde, als dass sie wirklich schmackhaft gemacht wurde. Mancher ist ihrer dadurch überdrüssig geworden. Heute ist die Gefahr größer, diese Speise zu verharmlosen, das Mahl der Eucharistie zu einer netten gastfreundlichen Geste zu machen, wo viele gedankenlos zu den Konsumenten gehören wollen, die weder vorher noch hinterher einen tieferen Gedanken daran verschwenden.

Wieder Geschmack an Gott finden

Umso wichtiger und aufbauender ist es, wieder Geschmack an Gott zu finden in den Möglichkeiten, die er uns schenkt:

  • in einem intensiven Umgang mit dem Wort der Schrift
  • im ökumenischen Miteinander in der Wertschätzung von Wort und Sakrament. Wort und Sakrament gehören zusammen, wie wir es im Emmaus-Evangelium erfahren: Er legte ihnen die Schrift aus und brach mit ihnen das Brot
  • dazu gehört auch, aufmerksam zu lesen im Buch der Schöpfung, in der Natur, der Schönheit und in der Kultur und Musik und in all den Schöpfungen kreativer Menschen
  • dazu gehört das bewusste Wahrnehmen der Begegnungen und Ereignisse. Dazu gehört, von Zeit zu Zeit innezuhalten, um nicht einfach alles zu verkonsumieren, wie es kommt, sondern mit allen Sinnen wach zu sein für das Kommen des Größeren. So wie ein guter Weinkenner bei der Weinprobe erst das Aussehen, dann den Duft und dann den Geschmack aufnimmt.

So bereitet, entdecken wir auch neu die Kostbarkeit der Eucharistie, die Kostbarkeit des Brotes des Lebens, von dem das Konzil sagt, dass es Quelle unseres geistlichen Lebens sei. Wer zu selten damit in Berührung kommt, etwa nur an bestimmten Hochfesten, steht in der Gefahr, dass ihm die Eucharistie am Ende nichts mehr bedeutet. Wer sie sich gedankenlos häufig, zu häufig und zu selbstverständlich "abholt", banalisiert sie.

Der Autor

Franz-Josef Bode (*1951) ist seit 1995 Bischof von Osnabrück. Außerdem ist er Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz.

Der Prophet muss die Buchrolle essen, damit er in der rechten Weise Zeugnis geben kann. "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing", lautet ein altes Sprichwort. Das heißt hier: Nur wer Gott in sich aufgenommen hat, kann ihn bezeugen; nur wer die Menschen und ihre Leiden und Hoffnungen in sich aufgenommen hat, kann sich durch das Brot des Lebens, durch die Kraft des Geistes wandeln lassen. So wie er unsere menschliche Natur angenommen hat, um sie ins Göttliche zu erlösen, so nehmen wir seine gott-menschliche Natur in uns auf, um in der Tiefe erlöst zu werden.

Durch die Anbetung des Herrn in der Eucharistie wird die Aufnahme Christi in uns noch geistig vertieft. Und erst recht werden wir dadurch tiefer aufgenommen in den "Leib Christi". Sich dafür heute viel mehr Zeit zu nehmen, hilft uns mitten in aller Hektik, Geschäftigkeit, mitten in allem Aktionismus und aller Betriebsamkeit zu Atem zu kommen.

"Öffne deinen Mund und iss, was ich dir gebe." - Öffnen wir den Mund nicht nur für den Konsum von allem Möglichen, sondern neu, bewusst und aufmerksam für Seine kostbare Speise, die Er selbst ist! Lassen wir uns von Ihm die Nahrung des Lebens geben. Dann finden wir neu Geschmack an Gott und werden umso genießbarer für die Menschen. Geheimnis des Glaubens: In Seinem Brot ist das Leben.

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Video: © katholisch.de

Was bedeutet Eucharistie? Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger".

Von Franz-Josef Bode