Inszenierte Empörung
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Seit der Wind rauer geworden ist für Christen in der säkularen Gesellschaft und ureigene christliche Anliegen wie der Schutz menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum Sterben manchmal bereits als reaktionär und "rechts" verpönt werden, neigen manche christliche Aktivisten dazu, jede Medienkritik am eigenen Milieu – etwa an realen rechten Tendenzen – zu skandalisieren. Rundmails und Internetseiten, die zu Beschwerdewellen aufrufen, agitieren die Frommen im Wochentakt. Man will schwindende Masse durch ein höheres Erregungsniveau kompensieren.
Das Kalkül: Wer sich nur laut und zahlreich genug empört, dem wird schon irgendwie Recht gegeben, nur damit Ruhe ist, und ein paar Dutzend Beschwerden sind für manche Medien und Institutionen schon relativ viel. Zur Optimierung des Effekts verschicken die Agitatoren vorgefertigte Empörungs-Textbausteine, speziell für konservative Politiker. Per Mausklick oder Mustermail ist die Sache in Sekunden oder Minuten erledigt.
Demokratisch ist das legitim. Und gegen Ungerechtigkeiten soll man sich wehren. Aber erst nach selbstkritischem Nachdenken und nicht reflexartig selbstmitleidig, demagogisch vergröbernd und totalapologetisch. Limburg mahnt: Am Ende stellte sich heraus, dass die Parole "Medienkampagne gegen Märtyrerbischof" voreilig und dumm war. Im Wesentlichen hatten die Medien korrekt berichtet – während krawallkatholische Journalistenkader viel gutgläubiges Volk auf eine falsche Fährte führten. Zu dem Eingeständnis, sich verrannt zu haben, fand später kaum jemand die moralische Kraft. Im Ego narzisstischer Kirchlichkeit kommt eigener Irrtum nicht vor.
Wird Empörung durch Einpeitscher organisiert, fällt das irgendwann als Masche auf. Ein durch regelrechte Bewirtschaftung von Empörungsressourcen inszenierter Bluff, der als katholischen Volkszorn ausgibt, was in Wirklichkeit nur ein kleines Segment der Katholiken erregt, gerät auch in Spannung zur "totalen Redlichkeit", die Benedikt XVI. für eine entweltlichte Kirche forderte. Noch wichtiger: Inflation entwertet das Einzelstück. Das gilt nicht nur für bischöfliche Verlautbarungen, sondern auch für die Dauerempörung eifernd-katholischer Medienverächter und Abendlandsapokalyptiker. Es ist an der Zeit, dass besonnene Christen sich verbitten, ständig Entrüstung souffliert oder vorskandiert zu bekommen – und klarstellen: Meine Empörung gehört mir!