Marx und Bedford-Strohm äußern Verständnis für Probleme in Flüchtlingsheimen

"Integration ist die zweite Ankunft"

Veröffentlicht am 05.10.2015 um 10:40 Uhr – Lesedauer: 
Heinrich Bedford-Strohm und Reinhard Marx schütteln Flüchtlingen die Hände
Bild: © KNA
Flüchtlinge

München/Bonn ‐ Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm haben sich in einem Doppelinterview für umfangreichere Integrationsmaßnahmen ausgesprochen. Zugleich zeigten beide Verständnis für die Probleme in manchen Flüchtlingsunterkünften.

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"Ich wundere mich eher darüber, wie wenig bislang dort passiert ist", so der Kardinal. Dies spreche für die gute Arbeit der Verwaltung und des Wachpersonals. Bedford-Strohm forderte, Flüchtlingen schneller eine Arbeitserlaubnis zu erteilen und sie insgesamt schneller zu integrieren. "Das ist die zweite Ankunft." Gleichzeitig warnte der EKD-Ratsvorsitzende vor einer Romantisierung. Die Menschen brächten Prägungen und auch Konflikte ihrer Heimat mit. Sie hätten mitunter andere Frauenbilder, auch teils ein anderes Verständnis von Familie und Sexualität. "Da müssen wir die im Grundgesetz verankerten Regeln des Zusammenlebens in unserem Land durchsetzen."

Auch Marx betonte, nicht zu unterschätzen, wie schwierig die Integration der Flüchtlinge sei. "Eine offene Gesellschaft ist ja schon für uns Einheimische schwierig – umso mehr für Menschen, die aus Ländern kommen, wo es diese Offenheit nicht gibt." Es müsse verhindert werden, dass sich die verschiedenen Gruppen, Ethnien und Religionen abgeschlossene Welten schafften, betonte der Bischofskonferenz-Vorsitzende. Die Gesellschaft dürfe aber auch keine Assimilation anstreben, die Unterschiede komplett einebne.

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Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.

Bedford-Strohm warnte zugleich davor, die verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft beim sozialen Engagement gegeneinander auszuspielen. "Es werden sich Armutsfragen neu stellen." Der syrische Arzt werde sich bald selber zurechtfinden, der Analphabet aus dem Bürgerkriegsland eher nicht. "Die Hilfe für ihn darf aber nicht zu Lasten des Langzeitarbeitslosen gehen oder der alleinerziehenden Mutter."

Marx: Kirchen müssen eigene Identität deutlich machen

Durch die Flüchtlingssituation sieht Bedford-Strohm keine veränderte religiöse Landschaft in Deutschland. Es gebe 50 Millionen Christen im Land, dagegen drei bis vier Millionen Muslime, "aus denen vielleicht fünf Millionen werden", sagte der Landesbischof. "Da von einer drohenden Islamisierung Deutschlands zu reden, geht an der Realität vorbei." Marx betonte, die Kirchen müssten ihre eigene Identität deutlich machen. "Wir Christen müssen wieder lernen, offen von unserem Glauben zu reden, wir müssen uns unserer eigenen Schätze bewusst werden." Dann könnte man auch auf fremde Religionen zugehen, so der Kardinal. (kim/KNA)