Integrationsfigur nach innen und außen
Auf die Frage nach dem dienstältesten amtierenden Bischof in Deutschland dürften die wenigsten seinen Namen parat haben. Das liegt aber weniger an seiner mangelnden Bekanntheit, sondern daran, dass die Orthodoxie noch immer zu wenig im Blick ist, wenn es um das kirchliche Leben in Deutschland geht. Denn mit geschätzt zwei Millionen Gläubigen ist sie die drittgrößte christliche Konfession. Und der Metropolit des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, Augoustinos, ist seit 1980 ihr Repräsentant, der bei keinem wichtigen ökumenischen Termin fehlt. Er ist damit länger im Amt als alle katholischen und evangelischen Bischöfe. Am Mittwoch wird er 80 Jahre alt.
Den größten Teil seines Lebens hat der gebürtige Kreter mit dem bürgerlichen Namen Georgios Labardakis in Deutschland verbracht. Er konnte noch an der Theologischen Hochschule auf der Insel Chalki bei Istanbul studieren, die später vom türkischen Staat geschlossen wurde. Zum Weiterstudium ging er anschließend nach Salzburg, Münster - wo er auch Vorlesungen bei Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., hörte - und an die Freie Universität Berlin (FU). Nach der Priesterweihe 1964 war er in Berlin Pfarrer der Gemeinde des heiligen Nikolaus im Westteil der Stadt, betreute aber auch die orthodoxen Griechen in Ostberlin. Am FU-Seminar für Katholische Theologie hielt er daneben Vorlesungen über orthodoxe Theologie.
Mit erst 34 Jahren zum Bischof geweiht
Bereits 1972 wurde Augoustinos zum Vikarbischof der Metropolie von Deutschland gewählt, seine Bischofsweihe in Frankfurt am Main war die erste eines griechisch-orthodoxen Bischofs in Deutschland. Sein Wirkungsfeld blieb aber zunächst noch Berlin, wo er unter anderem von 1973 bis 1979 Vorsitzender des damaligen Ökumenischen Rats Berlin war. Auf Bundesebene wurde er erstmals 1978 stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. 1980 erfolgte dann die Wahl zum Metropoliten von Deutschland mit Sitz in Bonn. Damit ist er Oberhaupt der mittlerweile rund 450.000 Christen des einen griechisch-orthodoxen Bistums in Deutschland, das zugleich das größte der zehn orthodoxen Bistümer bildet.
Die Entwicklung von der "Gastarbeiterkirche", welche die Metropolie bei ihrer Gründung 1963 noch war, zu einer in Deutschland heimischen Kirche mit 56 Gemeinden und über 150 Gottesdienststätten ist in einem hohen Maß Augoustinos und seiner beharrlichen Aufbauarbeit zu verdanken. Zugleich war ihm die Gemeinschaft der orthodoxen Diözesen verschiedener nationaler Herkunft immer ein zentrales Anliegen. Auf die 1994 gegründete Kommission der Orthodoxen Kirchen in Deutschland folgte 2010 die Gründung der Orthodoxen Bischofskonferenz, deren Vorsitz er als der dem Rang und dem Weihealter nach erste der orthodoxen Bischöfe übernahm.
Themenseite: Ökumene
Die Themenseite gibt einen Überblick über die aktuelle Berichterstattung von katholisch.de rund um das Thema Ökumene.Nicht nur innerorthodox, sondern auch ökumenisch gilt Augoustinos als Integrationsfigur, die das Verbindende sucht und gemeinsame Aussagen der Kirchen anstrebt. Hervorragend sind auch die Kontakte zur Politik - Besuche bei den Bundespräsidenten und Bundeskanzlern oder Ministerpräsidenten sind längst Routine geworden. Ein Höhepunkt seiner Amtszeit war die Teilnahme am lange vorbereiteten orthodoxen Konzil von Kreta im Juni 2016 als Mitglied der Delegation des Ökumenischen Patriarchats. Getrübt wurde dies allerdings durch den Konzilsboykott von vier der 14 orthodoxen Kirchen.
Für den Nachfolger ist alles bereitet - doch der ist nicht in Sicht
Anders als für katholische und evangelische Bischöfe gilt für die orthodoxen Kirchenoberhäupter keine Altersgrenze. Solange es seine Gesundheit erlaubt, wird Augoustinos deshalb sein leitendes Amt weiter ausüben - und er wird auch noch gebraucht. Denn ein Nachfolger mit seiner Erfahrung und Autorität ist weit und breit nicht in Sicht. Anders als sein Vorgänger, Metropolit Irineos, wird er jedenfalls nicht wieder nach Kreta zurückkehren. Denn, wie er zum 50-Jahr-Jubiläum der Metropolie vor fünf Jahren formulierte: "Heute können wir sagen, dass wir uns eingerichtet haben, unter angemessenen Bedingungen leben und den nachfolgenden Generationen die Möglichkeit bieten, unser Werk fortzuführen."
Glückwünsche von Marx und Koch
Kardinal Reinhard Marx hat die Verdienste des griechisch-orthodoxen Metropoliten Augoustinos gewürdigt. "Die katholische Kirche in Deutschland ist Ihnen dankbar für Ihren aufopferungsvollen Dienst und das aus christlicher Überzeugung gelebte ökumenische Zeugnis, das Sie geben", schrieb der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz an Augoustinos zu dessen 80. Geburtstag am Mittwoch. Marx weiter: "Ich danke Ihnen für die guten Beziehungen, unseren brüderlichen Austausch und das offene Wort, das wir pflegen."
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende erinnerte daran, dass der Metropolit Deutschland schon seit jungen Jahren kenne und seit über drei Jahrzehnten die Metropolie leite, um deren Aufbau er sich verdient gemacht habe. Auch sei es sein besonderes Anliegen, sich für die Integration der in Deutschland lebenden orthodoxen Christen einzusetzen. Zugleich pflege Augoustinos enge Beziehungen zu den beiden großen Kirchen in Deutschland, so Marx. "Ihr Herzensanliegen ist der Dialog sowohl mit der Deutschen Bischofskonferenz, als auch mit der Evangelischen Kirche in Deutschland."
Berlins Erzbischof Heiner Koch würdigte in einem Glückwunschschreiben Augoustinos' Verdienste für die Annäherung der Kirchen. "Sie sind ein nicht mehr wegzudenkender Ansprechpartner in Fragen des Zusammenlebens von Deutschen und Griechen und im geschwisterlichen Miteinander der Kirchen hierzulande", so Koch in seinem Schreiben vom Mittwoch. Gerade Berlin habe ihm viel zu verdanken. Der Erzbischof hob auch die regelmäßige Teilnahme von Augoustinos an Katholikentagen und evangelischen Kirchentagen hervor. Er erinnerte an die Teilnahme von Augoustinos an der Feier des orthodoxen Brotbrechens im Rahmen des zweiten Ökumenischen Kirchentags 2010 in München. (kim/bod/KNA)