Interesse ja, aber…
Das Heilige Jahr neigt sich dem Ende. Noch bis zum 20. November haben Gläubige die Chance, die diversen Angebote rund um das Thema Barmherzigkeit wahrzunehmen. Dazu zählt auch das Durchschreiten einer der zahlreichen Heiligen Pforten. In Kombination mit der Beichte können Gläubige dabei den sogenannten Jubiläumsablass gewinnen. Besonders gefragt ist das in den deutschen Diözesen allerdings nicht.
Schaut man auf die deutsche Bußpraxis, ist das nicht unbedingt ein Wunder. So hatte eine bundesweite Umfrage im April 2015 ergeben, dass selbst unter den Priestern mehr als 50 Prozent höchstens einmal im Jahr zur Beichte gehen. Bei den Pastoralreferenten sind es sogar 91 Prozent. Auch dem Papst war das nicht verborgen geblieben. Er mahnte die deutschen Bischöfe zum Abschluss ihres Ad-Limina-Besuchs im November des vergangenen Jahres zur Neubelebung der Sakramente – vor allem der Beichte.
Das Bußsakrament soll attraktiver werden
Für das Jahr der Barmherzigkeit haben viele Diözesen ihre Beichtmöglichkeiten nun extra ausgeweitet. Die Zeiten, in denen die Beichtstühle besetzt sind, wurden verlängert, aus Rom wurden sogar speziell befugte Beichtväter als "Missionare der Barmherzigkeit" ausgesendet. Konkrete Zahlen, wie gut diese Angebote angenommen werden, gibt es nicht. Allerdings lässt sich eine Tendenz erkennen: In den Regionen, in denen auch außerhalb des Heiligen Jahres noch regelmäßig gebeichtet wird, passiert das aktuell noch etwas häufiger – nämlich vor allem im Süden Deutschlands.
Die bayerischen Diözese Augsburg berichtet etwa, dass die Zahl der Beichten "mancherorts deutlich gestiegen" sei. In Regensburg fällt das Fazit ähnlich aus. Dort verweist man auf die Karmelitenkirche in der Innenstadt. In der Beichtkirche könne das Sakrament zu jeder Tageszeit empfangen werden. "Nach meiner Beobachtung wird dieses Angebot intensiv genutzt", sagt Bistumssprecher Clemens Neck.
Im Rest der Republik ist man dagegen ein wenig verhaltener. So habe es im Osnabrücker Dom St. Peter keine zunehmenden Zahlen bei den Beichten gegeben, wie Pressesprecher Hermann Haarmann berichtet. Ähnlich sieht es in den Bistümern Magdeburg und Dresden-Meißen aus. Der Dresdener Dompfarrer Norbert Büchner erklärt jedoch, dass die Kathedrale auch außerhalb des Heiligen Jahres Beichtkirche und die Zahl der Beichtenden für die ostdeutsche Diaspora daher bereits verhältnismäßig hoch sei.
Große Nachfrage nach Informationsmaterial
Bereits Anfang März hatte eine Umfrage von katholisch.de in den deutschen Diözesen zu ähnlichen Ergebnissen mit Blick auf Beichte und Ablass geführt. Doch ziehen die Bistümer insgesamt kein negatives Fazit. Denn das Interesse der Gläubigen am Heiligen Jahr sei durchaus vorhanden. Das zeigt zum Beispiel die große Nachfrage nach Visitenkarten und Flyern, die diverse Diözesen haben produzieren lassen, um den Menschen die Bedeutung des Jubeljahrs, der Heiligen Pforten und des Ablasses näher zu bringen. So wurden zum Beispiel im Bistum Aachen 30.000 und im Bistum Hildesheim immerhin 7.000 davon gedruckt und verteilt.
Themenseite: Heiliges Jahr
Vom 8. Dezember 2015 bis zum 20. November 2016 findet das von Papst Franziskus ausgerufene "Heilige Jahr der Barmherzigkeit" statt. Diese Themenseite bündelt die Berichterstattung von katholisch.de zum Heiligen Jahr.Auch das Rahmenprogramm wird gut angenommen. So berichtet der Bistumssprecher Haarmann von zahlreichen Gemeinden, die bisher im Kontext des Jubeljahres und der Heiligen Pforte Andachten im Osnabrücker Dom abgehalten hätten. Ähnliches weiß der Görlitzer Seelsorgeamtsleiter Markus Kurzweil zu berichten. In seiner Diözese finden monatlich Katechesen rund um die sogenannten Werke der Barmherzigkeit statt. Jedes Mal seien dabei 70 bis 100 Menschen gekommen: Ein Erfolg für ein kleines Bistum wie Görlitz. An Tagen der Katechesen würde dann auch das Beichtangebot gut angenommen. In der Kathedrale von Dresden-Meißen gibt es ähnliche Veranstaltungen: die Einkehrtage. Zu denen kommen Gläubige aus den Pfarreien und Gemeinden, aber auch Pilger aus Berlin. "Sie durchschreiten dann die Heilige Pforte und haben zum Teil auch einen eigenen Beichtvater angefragt", sagt Dompfarrer Büchner.
Darüber hinaus sind die Heiligen Pforten – gerade in den Kathedralen – auch ein touristisches Ziel. "Wir erhalten häufig Nachfragen von Menschen, die der Kirche fernstehen, wie die eigentlich funktionieren", sagt der Sprecher der Erzdiözese Freiburg, Robert Eberle. Auch wenn er zu der Beichtzahl keine genauen Angaben machen kann, berichtet er von einer Zunahme an Gesprächen, die Seelsorger im Jahr der Barmherzigkeit rund um den Dom führen. Im Erzbistum Paderborn hat man sogar gleich eines der größten Volksfeste Deutschlands, das Liborifest Ende Juli, dem Heiligen Jahr gewidmet. Das Motto lautete "Herzlich - herzhaft - barmherzig".
Die Zahlen sind nicht groß, aber die Menschen durchaus berührt
Im Bistum Erfurt geht man das Heilige Jahr dagegen ruhiger an. "Wir haben eine Eingangstür zum Dom gewählt, die nur selten geöffnet und benutzt wird, das sogenannte Jungfrauen-Portal", sagt der Augustinerpater Jakob Olschewski über die Heilige Pforte, die er betreut. Auch im Heiligen Jahr stehe sie jedoch nicht einfach offen, sondern werde nur auf Wunsch, nach den Pontifikalämtern an den Hochfesten und für Wallfahrtsgruppen geöffnet. "Es war uns ein Anliegen, dass das Durchschreiten der Pforte der Barmherzigkeit ein qualitativ religiöses und begleitetes Ereignis wird", sagt der Pater.
Zu den Pontifikalämtern in Erfurt kamen je 300 bis 500 Gläubige. Dazu gab es 11 Andachten mit je 20 bis 30 Teilnehmern, 15 Wallfahrtsgruppen mit 2500 Pilgern und einige Vorträge zum Jahr der Barmherzigkeit. In direktem Zusammenhang mit dem Besuch der Heiligen Pforte haben rund 75 Menschen das Sakrament der Wiederversöhnung empfangen. Die Zahlen, so sagt der Erfurter Pater selbst, seien nicht groß. Aber: "Die Menschen, die ich dabei erlebt habe, waren von dieser Art und Möglichkeit, das Jahr der Barmherzigkeit zu erleben, durchaus berührt."