Vorgehen gegen "Planned Parenthood" nimmt überraschende Wende

Jäger und Gejagte

Veröffentlicht am 30.01.2016 um 00:01 Uhr – Von Thomas Spang (KNA) – Lesedauer: 
USA

Washington/Houston  ‐ Die Ermittlungen gegen "Planned Parenthood" im US-Bundesstaat Texas haben eine unerwartete Wende genommen. Anstelle des größten Anbieters von Abtreibungen in den USA finden sich nun dessen Gegner auf der Anklagebank wieder. So kam es dazu.

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Aus seiner Sicht hatte das "Center for Medical Congress" bei seinen geheimen Videomitschnitten und investigativen Recherchen reichlich belastendes Material zutage gefördert, um zu belegen, dass "Planned Parenthood" mit Zellen und Organen abgetriebener Föten handelt.

Staatsanwältin Anderson hegte ihrerseits wenig Zweifel, dass es zur Eröffnung eines Strafverfahrens kommen würde. Sie berief eine "Grand Jury" und präsentierte die vorliegenden Fakten. Nach eingehenden Beratungen kamen die Geschworenen aber in dieser Woche zu einem überraschenden Ergebnis. Die Grand Jury folgte dem Beispiel zwölf anderer Bundesstaaten, die ihre Ermittlungen gegen "Planned Parenthood" einstellten. Der Vorwurf eines illegalen Handels mit abgetriebenen Fötenteilen habe sich nicht erhärten lassen, hieß es.

Anklage: Fälschung staatlicher Ausweise und der Versuch, Fötenteile zu kaufen

In Texas gingen die unabhängigen Geschworenen jetzt aber noch einen Schritt weiter. Sie verwarfen nicht nur die Ermittlungen gegen "Planned Parenthood", sondern drehten den Spieß um: Die Grand Jury erhob Anklage gegen die beiden Abtreibungsgegner David Daleiden (27) und Sandra Merritt (62) vom "Center for Medical Progress". Sie lautet auf Fälschung staatlicher Ausweise und den Versuch, Fötenteile zu kaufen. Beide Tatbestände sind in Texas strafbar.

Bild: ©Direk Takmatcha/Fotolia.com

Ein Embryo auf einem Ultraschallbild.

Staatsanwältin Anderson gab sich nach der überraschenden Wende einsilbig. Sie respektiere die Entscheidung der Grand Jury. Dies sei "kein einfacher Fall" gewesen. Ihre Partei blieb zunächst still. Am Donnerstag (Ortszeit) teilten die Führer der Republikaner in Texas dann mit, man werde das Vorgehen gegen "Planned Parenthood" weiter verfolgen.

Die Organisation hatte im Herbst ein Gutachten präsentiert, dass eine Manipulation der Videos belegen sollte. Zudem hieß es, auf den veröffentlichten Bändern gebe es nichts, mit dem sich beweisen ließe, dass "Planned Parenthood" mehr als eine erlaubte "Aufwandsentschädigung" bei der gesetzlich gestatteten kostenfreien Bereitstellung von Fötenteilen in Rechnung stelle.

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Trotz einer Kontroverse um menschliche Föten wird die US-Organisation "Planned Parenthood" weiter öffentliche Gelder beziehen. Das hat der Kongress entschieden. Vom Tisch ist die Debatte - an der sich auch die Bischöfe der USA beteiligen - aber nicht.

Auch politisch erweist sich das Vorgehen gegen die Organisation, die größter Anbieter von Abtreibungen in den USA ist, als ein Bumerang. Mangels Enthusiasmus bei den Führern der Konservativen im Kongress fiel die angedrohte Mittelstreichung für "Planned Parenthood" dem Budgetkompromiss mit Präsident Barack Obama Ende des Jahres zum Opfer. Republikanische Wahlstrategen wie Karl Rove warnen schon vor Verlusten bei den Wahlen zu Senat und Repräsentantenhaus. Sie verweisen auf aktuelle Umfragen, die anhaltend starke Unterstützung für "Planned Parenthood" belegten.

Der Pro-Life-Bewegung mehr geschadet als geholfen

Sechs von zehn Befragten sprachen sich in einer Erhebung der "New York Times" und des TV-Senders CBS für die staatlichen Zuschüsse aus. "Der Angriff erwies sich mit Blick auf die öffentliche Meinung als Desaster", meint Meinungsforscher Geoff Garin. Auch andere Analysten sprechen von einem politischen Fehler, die Auseinandersetzung über Abtreibung mit möglicherweise nicht ganz astreinen Mitteln zu führen. Das habe der Pro-Life-Bewegung mehr geschadet als geholfen.

Die Vorsitzende des von den Republikanern eingesetzten Untersuchungskomitees im Repräsentantenhaus, Marsha Blackburn, gibt sich trotz der Rückschläge kämpferisch. "Der Mangel an Respekt vor den ungeborenen Leben, der sich in den Videos zeigt, ist heute so abscheulich, wie er gestern war", so die Repräsentantin aus Tennessee. Ihre Ermittlungen gegen "Planned Parenthood" sollen jedenfalls weitergehen.

Von Thomas Spang (KNA)