Juden in Deutschland sehen wachsende Bedrohung
Juden in Deutschland sehen Antisemitismus unter Muslimen als wachsendes Problem. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten Antisemitismus-Bericht einer Expertenkommission hervor. Internet und soziale Medien seien zu zentralen Verbreitungsinstrumenten von Hassbotschaften und antisemitischer Hetze geworden. Die Experten fordern deshalb unter anderem die Einsetzung eines nationalen Antisemitismus-Beauftragten.
Juden in Deutschland sorgten sich aufgrund alltäglicher antisemitischer Erfahrungen zunehmend um ihre Sicherheit. Der Expertenkreis fordert deshalb eine verbesserte Erfassung und Ahndung antisemitischer Straftaten sowie die Stärkung von Beratungsangeboten für die von Antisemitismus Betroffenen. Die Sachverständigen warnen aber zugleich vor voreiligen Schlussfolgerungen. Das rechtsextremistische Lager sei nach wie vor der bedeutendste Träger des Antisemitismus in Deutschland.
Linktipp: Angst vor neuer Antisemitismus-Welle
Juden in Deutschland haben wieder Angst. Angst vor arabisch-stämmigem Antisemitismus, Angst vor muslimischen Flüchtlingen. Ist diese Furcht berechtigt oder sind es Vorurteile? Experten sind sich bei der Beurteilung dieser Frage nicht einig. (Artikel vom Oktober 2015)Für die vom Bundestag eingesetzte Kommission stellte die Historikerin Juliane Wetzel fest: "In der Öffentlichkeit steht die Gruppe der Muslime als vermeintliche Hauptverursacher des Antisemitismus im Fokus. Mit der Flüchtlingswelle haben solche Zuschreibungen noch zugenommen." Der Rechtsextremismus sei dagegen als zentrales Milieu antisemitischer Inhalte in der Wahrnehmung in den Hintergrund getreten.
Muslimische Verbände und Moscheegemeinden würden undifferenziert als Hort antisemitscher Agitation gesehen, Imame als Hassprediger charakterisiert, sagte Wetzel. Untersuchungen, die dies untermauern könnten, gebe es jedoch kaum. Antisemitismus unter Muslimen müsse deshalb beobachtet werden. Aber judenfeindliche Strömungen unter Rechtsextremen oder in der gesellschaftlichen Mitte dürften nicht verharmlost werden. (dpa)