Kapuziner wollen Missbrauch aufarbeiten
Der oberste Kapuziner der Schweiz, Provinzial Agostino Del Pietro, will den sexuellen Missbrauch von Daniel Pittet von einer unabhängigen juristischen Kommission aufarbeiten lassen. "Ziel ist es zu erkennen, wo unsere Fehler sind. Wenn wir Fehler gemacht haben, müssen wir zu diesen Fehlern stehen", sagte Del Pietro im Interview des Internetportals kath.ch (Donnerstag). Pittet, der aus Fribourg stammt, war als Kind vier Jahre lang von einem Mitglied des Kapuzinerordens sexuell missbraucht worden. In einem jüngst veröffentlichten Buch berichtet er darüber und über seine Vergebung für den Täter. Pittet war früher selbst Priester; mittlerweile ist er verheiratet und hat sechs Kinder. 2015 traf er im Vatikan mit Papst Franziskus zusammen.
Provinzial Del Pietro bedauert, dass die Taten seines Mitbruders nach Bekanntwerden im Orden nicht direkt beim staatlichen Gericht angezeigt wurden. "In kirchlichen Kreisen glaubte man damals, dass man das Problem durch Versetzungen lösen könne", so der Provinzial. Der Täter sei damals ordensintern zur Rechenschaft gezogen und 2006 mit einem Berufsverbot belegt worden. Zu einer Laisierung oder einem Ausschluss aus dem Orden sei es nicht gekommen.
Provinzial: Laisierung macht keinen Unterschied
"Eine Laisierung würde konkret keinen Unterschied machen", so Del Pietro. "Das wäre nur ein 'offizielles Wegnehmen' seiner priesterlichen Ämter, die er ohnehin nicht mehr ausführen darf." Ein Kloster biete außerdem einen Rahmen, in dem man ihn beobachten könne. "Was wäre, wenn er frei in der Gesellschaft leben würde?" Nach Einschätzung des Provinzials sieht der inzwischen 76-Jährige die "Dramatik seiner Taten" ein. Er sei seit elf Jahren in therapeutischer Behandlung. "Er hat also einen Weg hinter sich. Aber Pädophilie ist praktisch unheilbar."
Um zu verhindern, dass sich ein solcher Fall wiederhole, setze der Orden auf Prävention in der Aus- und Weiterbildung, sagte der Provinzial. Die Themen Missbrauch und Pädophilie seien fester Bestandteil der Novizenausbildung. Zudem werde es in den kommenden drei Jahren landesweit eine Fortbildung für alle Kapuziner geben. Dabei gehe es darum, das heutige Wissen um Pädophilie, die geltende die Null-Toleranz-Regel und bei einem Verdacht zu ergreifende Maßnahmen zu vermitteln. (KNA)