Kardinal und Bischöfe erhalten Morddrohungen
In Nicaragua haben führende Köpfe der katholischen Kirche inmitten der innenpolitischen Krise Morddrohungen erhalten. Das bestätigte Kardinal Leopoldo Jose Brenes Solorzano der Tageszeitung "La Prensa" (Mittwoch Ortszeit). Ziel der Drohungen seien Bischöfe und Priester gewesen. Er selbst habe ebenfalls Drohungen auf sein Mobiltelefon erhalten, diese aber umgehend gelöscht.
Nachdem Brenes zunächst angekündigt hatte, dass die Kirche trotz der Einschüchterungsversuche ihre Vermittlungstätigkeit zur Lösung der innenpolitischen Krise fortsetzen werde, zog sie sich nach vier Verhandlungstagen nun vorerst aus dieser Rolle zurück. In einer Erklärung bedauerten die Bischöfe, dass es nicht möglich gewesen sei, einen Konsens zwischen beiden Seiten zu erreichen. Zuvor hatten die Bischöfe einen Vorschlag erarbeitet, der unter anderem eine Debatte über vorgezogene Neuwahlen und eine Reform des Wahlrechtes vorsah.
Seit gut vier Wochen gibt es in Nicaragua Massenproteste gegen die sandinistische Regierung von Präsident Daniel Ortega. Die Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) warf den Sicherheitskräften vor, die Demonstrationen brutal niedergeschlagen zu haben. Seit Ausbruch der Proteste kamen 78 Menschen ums Leben, rund 800 Personen wurden verletzt. Die Gegner Ortegas fordern dessen sofortigen Rücktritt. Ortega macht seinerseits die Protestbewegung dafür verantwortlich, dass die Demonstrationen in Gewalt endeten. Er bestritt, einen Schießbefehl erteilt zu haben, und sprach von einer Kampagne gegen die Polizei. Einen Rücktritt lehnt er ab.
Kirche versucht zu vermitteln
Die Kirche versucht seit der vergangenen Woche im Rahmen eines "Nationalen Dialogs", zwischen der Regierung und der Zivilgesellschaft zu vermitteln. Abelardo Mata, der Bischof von Esteli, sagte dabei in Richtung Ortega: "Es hat eine unbewaffnete Revolution begonnen." Es könne nicht so weitergehen und dies sei kein einfacher Appell, sondern eine Forderung der Bischofskonferenz. Die Polizei müsse in ihre Kasernen zurückkehren, so Mata.
Managuas Weihbischof Silvio Baez, der sich während der Proteste auf die Seite der Demonstranten gestellt hatte und zu einem Gesicht der Protestbewegung wurde, zog ein enttäuschtes Fazit: Ortega habe eine Gelegenheit verpasst, schrieb Baez auf Twitter. Er hätte das Ende der Repressionen durch paramilitärische Gruppen anordnen müssen. Auch Papst Franziskus hatte zu einem Ende der Gewalt aufgerufen.
Die Demonstrationen richteten sich vor allem gegen eine inzwischen zurückgenommene Rentenreform mit massiven Einschnitten für Senioren sowie gegen das mangelnde Krisenmanagement der Regierung beim Großbrand in einem Bioreservat. Aus Protest gegen die einseitige Berichterstattung in regierungsnahen Sendern hatten zahlreiche Journalisten zudem ihre Verträge gekündigt. (bod/KNA)
24.05.2018, 10.44 Uhr: Kirche zieht sich aus Verhandlungen zurück