Karitatives Fanprojekt

Veröffentlicht am 11.05.2015 um 00:00 Uhr – Von Sabine Kleyboldt (KNA) – Lesedauer: 
Karitatives Fanprojekt
Bild: © KNA
Fussball

Paderborn ‐ Selbst Erzbischof Hans-Josef Becker sprach bei dem Aufstieg des SC Paderborn von einem "Fußball-Wunder": Einzigartig ist auch das Fanprojekt, das von der Caritas betreut wird.

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Eine Anlaufstelle für Fans gibt es praktisch bei allen deutschen Profi-Clubs. Doch nur in Paderborn wird sie von der Caritas, dem katholischen Wohlfahrtsverband, getragen.

"Bei uns können die Leute kickern, klönen oder Kaffee trinken", weist der 35-jährige Krüger auf einen Raum mit Sitzgruppe und Tischfußballspiel. An der Wand Fanschals, Plakate und das Emblem des SC Paderborn - alles in vereinskorrektem Schwarz und Blau. Hier, in der zentrumsnahen Kilianstraße, lädt das Fanprojekt zweimal die Woche zum offenen Treff für 16- bis 25-Jährige. Dabei können sich die Gäste auch mit Problemen an Krüger und seine hauptamtlichen Kollegen, die Sozialarbeiter Angelina Bracht und Leonard Overfeld, wenden.

"Da geht es zum Beispiel um ein Stadionverbot, das sich jemand eingehandelt hat." Auch deshalb kommt regelmäßig ein Rechtsanwalt vorbei, sagt Krüger, Typ sportlicher großer Bruder mit Durchsetzungsvermögen. "Manchmal haben die Jugendlichen auch Probleme mit Freundin, Eltern oder Chef." Oft tun es hier schon Gespräche; mitunter stellt das Team Kontakt zu anderen Diensten der Caritas oder weiteren Beratungsstellen her, unterstützt bei Bewerbungen oder Briefen an Behörden.

Bild: ©KNA

Philip Krüger, Leiter des Fanprojekts Paderborn, vor Fan-Devotionalien des SCP.

Junge Fans sozialpädagogisch begleiten

Dass es sich beim Fanprojekt um eine Einrichtung in katholischer Trägerschaft handelt, verrät lediglich ein kleines rot-weißes Caritas-Signet am Fenster. Und im "Fancontainer" unter Block M der Paderborner Arena, der an Heimspieltagen geöffnet ist, gibt es auch nur SCP-Devotionalien. "Fußballstadien sind die größten Jugendclubs der Welt, da ist es sinnvoll, die Fans auch sozialpädagogisch zu begleiten", erläutert Krüger, warum die Caritas das 2012 gegründete Projekt betreibt. Mit Erfolg, betont Christian Just, Fanbeauftragter des SCP. Die Caritas-Kollegen leisteten eine wichtige Arbeit in guter und enger Abstimmung mit dem Verein.

Dazu gehört, dass das Team auch bei Auswärtsspielen mit in der Fankurve steht, sagt Krüger. Klar, dass die Emotionen beim Fußball schon mal übers Arenadach hinauswachsen. "Aber es ist nicht unser Auftrag, aus dem Fußballstadion einen friedvollen Ort zu machen", stellt er fest. Doch ist es laut dem Nationalen Konzept "Sport und Sicherheit" Aufgabe der Fanprojekte, Präventionsarbeit in den Bereichen Gewalt, Extremismus und Sucht zu leisten. Aber bei Gewaltszenen, egal von wem, lassen die Sozialarbeiter den Sicherheitskräften den Vortritt. Dennoch: Wenn die anderen ihren Fußball feiern, ist bei Krüger und seinen Kollegen erhöhte Aufmerksamkeit angesagt. "Man spürt, ob sich etwas zusammenbraut. Umso wichtiger ist es, einfach da zu sein."

Stadionerfahrung für benachteiligte Jugendliche

Möglich wird das durch ein Jahresbudget von knapp 200.000 Euro, finanziert von der Deutschen Fußball-Liga (DFL), dem Land Nordrhein-Westfalen, der Stadt und dem Kreis Paderborn. Damit werden auch die U-18-Fahrten zu Auswärtsspielen finanziert, berichtet Krüger. Hier erhalten vor allem benachteiligte Jugendliche die Chance, in Begleitung von Sozialarbeitern für 20 Euro etwa die Partie am 16. Mai auf Schalke zu sehen.

Ob dies das letzte SCP-Auswärtsspiel in der Ersten Liga wird oder die Mannschaft den lässigen Twitter-Appell "Lass mal #ERSTKLASSIG bleiben" befolgt, zeigen die nächsten Wochen. "Der Aufstieg war 'ne Sensation, und der Klassenerhalt wäre es genauso", gibt sich Krüger nüchtern. Aber vielleicht kommt ja sogar noch Hilfe von oben: "Das Fußballstadion ist der Ort, an dem die meisten Stoßgebete gen Himmel geschickt werden", sagt der Caritas-Mitarbeiter. Ob der liebe Gott auf diese Bitten ein weiteres "Fußball-Wunder" wirkt, wird die Welt spätestens am 23. Mai wissen.

Deutsche Fußballfans stehen mit geschlossenen Augen und gefalteten auf der Berliner Fanmeile.
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Von Sabine Kleyboldt (KNA)