Erzbischof Ludwig Schick über die Wahl Thomas Bachs zum IOC-Präsident

"Kein Doping, keine Korruption"

Veröffentlicht am 11.09.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Olympia

Bonn ‐ Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick ist ein begeisterter Sportler. Jedes Jahr absolviert er das Sportabzeichen - die Urkunde war oft unterzeichnet von Thomas Bach, dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes. Im Interview gratuliert Schick dem deutschen Sportfunktionär nun zu dessen Wahl als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, formuliert aber auch konkrete Wünsche und Forderungen.

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Frage: Viele Beobachter kritisieren die Art und Weise, wie Thomas Bach an die Spitze des Internationalen Olympischen Komitees gelangt ist. Der einflussreiche kuwaitische Scheich Ahmed al-Sabah hat ihn offen unterstützt. Wird Thomas Bach sein Amt unabhängig ausüben können?

Erzbischof Schick: Thomas Bach ist bei der Wahl zwar unterstützt worden, aber das ist ja auch üblich. Ich freue mich, dass erstmals in der Geschichte ein Deutscher das IOC anführt. Thomas Bach ist ein Mensch, der unabhängig von anderen seinen Dienst für das IOC und vor allem für die Olympischen Spiele wahrnehmen wird. Er hat sich sein ganzes Leben lang für Olympia eingesetzt. Er war selbst Fechter, hat dem Deutschen Olympischen Sportbund vorgestanden, er hat internationale Erfahrung. Ich traue ihm wirklich zu, dass für ihn jetzt die olympische Idee das Entscheidende ist und er sich dafür einsetzt. Das wünsche ich natürlich auch als begeisterter Sportler.

Direkt nach dem Start ist der Ausgang des 100-Meter-Rennens noch völlig offen.
Bild: ©Stefan Schurr/Fotalia.com

Direkt nach dem Start ist der Ausgang des 100-Meter-Rennens noch völlig offen.

Frage: Welche Schwerpunkte erwarten Sie sich von der Amtszeit des ersten deutschen IOC-Präsidenten?

Schick: Ich wünsche mir sehr, dass in seiner Amtszeit die olympische Idee mehr zum Tragen kommt und wieder zum Markenzeichen sowohl des IOC, als auch der Spiele selbst wird. Sport ist wichtig für Leib, Seele und Gesundheit. Deshalb brauchen wir Spitzensport, der auch den Breitensport voranbringt. Das geht nur, wenn der Spitzensport sauber ist, wenn der Spitzensport fair ist, wenn der Spitzensport auch spitze ist, was die ethischen Anforderungen angeht. Es darf keine Korruption und kein Doping mehr geben. Das verdirbt den Sport. Dann bekommen junge Menschen die Idee: Das ist ein schmutziges Geschäft, damit wollen wir nichts zu tun haben. Das kann nicht sein, das darf nicht sein. Der IOC-Präsident muss mit all seinen Mitarbeitern reinigend wirken und alles daran setzen, dass der Spitzensport wirklich sauber und vorbildlich ist.

Frage: An der Spitze der katholischen Kirche schreibt der neue Papst Franziskus Werte wie Demut und Bescheidenheit groß, die römische Kurie will er reformieren. Welche Reformen des IOC sollte Thomas Bach Ihrer Meinung nach anstreben? Könnte ihm Papst Franziskus als Vorbild dienen?

Schick: (lacht) Das sind natürlich völlig unterschiedliche Institutionen. Die katholische Kirche ist auf dem Fundament Jesu Christi und dem Evangelium aufgebaut. Da gehört Bescheidenheit einfach dazu. Die "Kirche für die Armen", wie Franziskus sie nennt, muss für uns ein roter Faden sein, an dem wir uns immer orientieren. Aber auch Olympia muss sich so reformieren, dass es die ursprüngliche Idee in den Mittelpunkt stellt und die Frage gestellt wird, was zu dieser Idee hin- und was von ihr wegführt. Alle Institutionen haben die Aufgabe, sich immer wieder so zu reinigen, dass die ursprüngliche Idee klar wird.

Frage: Was heißt das konkret?

Schick: Im Moment spielt Geld im Sport eine zu große Rolle. Wer die Olympischen Spiele ausrichtet und dafür sehr viel Geld einbringt, der bekommt sie auch. Als Weltkirche-Bischof wünsche ich mir, dass die Olympischen Spiele von Kontinent zu Kontinent wandern, auch in Nationen, die nicht so viel Geld haben. Ihnen müsste bei der Finanzierung geholfen werden. Auch dorthin zu gehen, wo es schwieriger ist, würde Völker und Sportler besser zusammenbringen. Außerdem sollten die klassischen Sportarten wie Laufen und Leichtathletik, die Olympia ja eigentlich ausmachen, wieder stärker in den Blick kommen. Sie tragen besonders zur Völkerverständigung bei, weil Menschen so vieler Nationen daran teilnehmen. Und schließlich war die olympische Idee auch immer eine Friedensidee, die Idee von Freundschaft zwischen Völkern und Nationen. Ich wünsche mir, dass sich das IOC dafür einsetzt.

Das Interview führte Gabriele Höfling