Kirche fordert Ende des politischen Konflikts
In der Parlamentskrise in Polen hat die katholische Kirche Regierung und Opposition zum Dialog aufgerufen. Die Konfliktparteien sollten "einen Schritt zurücktreten und miteinander sprechen", sagte der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, am Montag in einem Interview der polnischen Nachrichtenagentur KAI. "Ohne ein ernsthaftes Gespräch kann dieser Streit nicht gelöst werden."
In Polen werfen sich die nationalkonservative Regierung und die Opposition gegenseitig die Verletzung von demokratischen Grundregeln vor. Der Streit eskalierte am Freitag, als Oppositionsabgeordnete aus Protest gegen den Regierungskurs das Rednerpult im Parlament besetzten. Daraufhin setzte die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Parlamentssitzung in einem Nebensaal fort und beschloss den Staatshaushalt, verhinderte aber die Teilnahme von Abgeordneten der liberalen Opposition.
Gadecki: Mauer des Hasses niederreissen
Gadecki mahnte: "Jeder Politiker sollte sich fragen: Bin ich ein Baumeister des Friedens und wie viel bin ich es?" Zudem solle er sich fragen: "Trage ich Verantwortung für dieses Chaos?" In den vergangenen Tagen habe Polen ein "gefährliches Spiel" gesehen. Das Land brauche gesellschaftlichen Frieden, so der Erzbischof von Posen (Poznan). Die "Mauer des Hasses" müsse niedergerissen werden.
Der ehemalige Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz bezeichnete die politische Situation laut Medienberichten als "bedrückend". Gut 25 Jahre nach der politischen Wende kehre Polen zum "Kampf" zurück. Das sei schlecht. "Frieden wird kommen, wenn es guten Willen auf allen Seiten gibt. Darum geht es uns und dafür beten wir", so Dziwisz (77), der das Erzbistum Krakau noch bis zum 8. Dezember leitete.
Die seit einem Jahr in Polen regierenden Nationalkonservativen haben unter anderem eine Reform der Justiz und der öffentlich-rechtlichen Medien beschlossen. Dagegen protestieren die Opposition und eine Bürgerbewegung. Sie werfen der Regierung Verfassungsbruch vor. Auch die EU und der Europarat kritisierten die Justizreform, weil dadurch das Verfassungsgericht entmachtet werde und nicht mehr ausreichend die Gesetzgebung kontrollieren könne. Aktueller Auslöser der Straßenproteste von Tausenden Menschen in Warschau war die von der PiS geplante Einschränkung der Berichterstattung von Journalisten aus dem Parlament.
Der polnische Philosoph und Theologe Alfred Wierzbicki hatte am Sonntag das Verhalten der katholischen Bischöfe des Landes in der politischen Krise kritisiert. Die Kirche sei eine "Geisel" der Regierungspartei PiS geworden, die im Streit um das Verfassungsgericht schweige, sagte der Professor der Katholischen Universität Lublin in einem Radiointerview. Die Kirche hätte stattdessen die nationalkonservative Regierungspartei ermahnen und die "Demokratie verteidigen" sollen. Die PiS sei eine "autoritäre Partei, die die polnische Demokratie zerstört", so Wierzbicki. (luk/KNA)