Kirche und Verbände: Ehrenamt bei Rente anrechnen
Zum Tag des Ehrenamts an diesem Dienstag pochen Vertreter der Zivilgesellschaft auf bessere Bedingungen für freiwilliges Engagement. Vereine und Verbände fordern unter anderem Entlastungen im Steuer- und Rentenrecht sowie kostenfreie oder kostengünstige Tickets für die Öffentlichen Verkehrsmittel. Der Welttag des Ehrenamts wird seit 1986 jährlich am 5. Dezember begangen. In Deutschland sind nach Angaben des Deutschen Freiwilligensurveys etwa 40 Prozent der Menschen ab 14 Jahren ehrenamtlich oder freiwillig aktiv – das entspricht rund 31 Millionen.
"Ohne eine neue Bundesregierung scheinen wir gut monatelang auskommen zu können; ohne das Ehrenamt der Vielen würden wir es keinen einzigen Tag schaffen", betonte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann. Der Beitrag des Ehrenamts zum gesellschaftlichen Zusammenhalt sei unverzichtbar. Umgekehrt sieht der Kulturrat auch Kommunen, Länder und Bund in der Pflicht, bürgerschaftliches Engagement seiner Bürger zu unterstützen.
Bundesverdienstkreuz für Ex-Fußballer
Bereits am Montag würdigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 25 Ehrenamtliche mit dem Bundesverdienstkreuz. "Damit unser Land funktionieren kann, brauchen wir das Engagement der Ehrenamtlichen, wir brauchen Leute wie Sie", sagte er. Das Ehrenamt mache die Gesellschaft vielfältig und lebenswert und sorge dafür, dass man sich in der Heimat "heimisch" fühle.
Auch der frühere Fußballnationalspieler Christoph Metzelder (37) bekam das Bundesverdienstkreuz; er gründete eine Stiftung zur Bekämpfung von Kinderarmut und unterstützt Jugendliche bei Ausbildung und Integration. Ausgezeichnet wurde weiter unter anderem der Einsatz bei der Johanniter-Unfall-Hilfe, beim Malteser Hilfsdienst und dem Deutschen Roten Kreuz, im Fußballclub oder Musikverein.
Zugang zu Fortbildungen soll erleichtert werden
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) forderte, "dass sich ehrenamtliches Engagement positiv in der Steuer und der Rente niederschlägt". Von Altersarmut seien vor allem Frauen betroffen, die von einer solchen Berücksichtigung profitieren würden, so die Bundesvorsitzende Mechthild Heil. Über Anrechnung von Zeiten ehrenamtlichen Engagements in der gesetzlichen Rentenversicherung analog zu Kindererziehung und Pflege müsse diskutiert werden. Auch die Tafel Deutschland forderte von der Politik, finanzielle Anreize in der Ehrenamtsförderung, insbesondere im Renten- und Steuerrecht zu schaffen. "Würden die Angebote der Ehrenamtsorganisationen wegfallen, würde unsere Welt ins Wanken geraten. Wer würde dann Brände löschen, Katastrophenhilfe leisten oder Einkaufsdienste für Alte anbieten?", fragte der Tafel-Vorsitzende Jochen Brühl.
Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) forderte von der Politik, stabile Infrastrukturen für ehrenamtliches Handeln vor Ort zu sichern und auszubauen. Viele Verbandsmitglieder qualifizierten sich in ihrer Freizeit für ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Auch mit Blick auf die Bedeutung von Fortbildungen für das Ehrenamt forderte die KDFB-Frauen Bayerns ein einheitliches Recht auf bezahlte Bildungsfreistellung. Die Frauengemeinschaft kfd wies darauf hin, dass Engagement für Qualifikationen sorge, die auch im Beruf wertvoll seien. Dazu sei es nötig, dass bestehende Landesnachweise über Qualifikationen vereinheitlicht, weiterentwickelt und bekannter gemacht werden.
Junge Ehrenamtliche mehr fördern
Mit der Hashtag-Kampagne "Freie Fahrt für Freiwillige" machen diverse Freiwilligendienste auf ihre Forderung nach kostenfreien oder zumindest kostengünstigen Nahverkehrstickets in jedem Bundesland aufmerksam. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) unterstützt die Aktion, damit "Freiwillige frei von Fahrtkosten zu den Menschen kommen können, für die sie sich einsetzen", so Bundespräses Dirk Bingener. Auch mehrere Wohlfahrtsverbände wie Diakonie und Caritas schlossen sich der Aktion an. Rund 100.000 Freiwillige engagieren sich pro Jahr in einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) oder einem Bundesfreiwilligendienst (BFD).
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Auf die wichtige Rolle von Kindern und Jugendlichen im Ehrenamt wies das Deutsche Kinderhilfswerk hin. Eine Studie des Werks zeige, dass junge Menschen, die sich engagieren, auch als Erwachsene an der Gestaltung des Gemeinwesens teilnehmen. Dies werde zu wenig gesehen, erklärte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann. Das Engagement und die Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen müssten besser abgesichert werden. Zudem müssten Erwachsene umdenken und die Mitarbeit in Kinder- und Jugendparlamenten oder Kinder- und Jugendverbänden von Erwachsenen ausreichend ernst nehmen.
Der Vorsitzende des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands, Winfried Hardinghaus, erinnerte an die unzähligen Ehrenamtlichen in der Hospizbewegung. Ohne deren Engagement sei die Versorgung von Sterbenskranken nicht denkbar. Jeder Ehrenamtliche stehe für die Solidarität mit Menschen in einer existenziellen Lebenskrise und die Bereitschaft, einen Beitrag zu einem würdevollen Lebensende und Sterben zu leisten. (luk)