Kirchen fordern legale Fluchtwege nach Europa
In Italien öffnete die katholische Laienorganisation Sant'Egidio in Rom zusammen mit der italienischen Regierung sogenannte humanitäre Korridore. Über die Vergabe humanitärer Visa können dort bis Ende 2017 rund 1.000 Flüchtlinge vor allem aus Syrien sicher und legal nach Italien einreisen. Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg Oberschlesische Lausitz, Markus Dröge, und der Berliner Erzbischof Heiner Koch stellten sich am Montag anlässlich des Weltflüchtlingstages ausdrücklich hinter das Konzept.
60 Millionen Menschen seien derzeit weltweit auf der Flucht - vor Krieg, Folter und Vertreibung, sagte die Verantwortliche der Gemeinschaft Sant`Egidio in Deutschland, Ursula Kalb, in Berlin. Bei der Flucht über das Mittelmeer seien 2015 rund 5.000 Menschen ertrunken. "Vor den Toren Europas spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab", klagte Kalb. Fluchtströme müssten gesteuert werden. "Dieses Projekt ist ein wichtiges Zeichen für die Richtung, in die es gehen muss", sagte Dröge. Europa dürfe sich nicht an die Bilder der vielen Toten im Mittelmeer gewöhnen. Jetzt müsse mit der Politik überlegt werden, welche neuen Konzepte für legale Einreisen aufgelegt werden könnten. Die Zivilgesellschaft müsse sich engagieren, aber der Staat auch. Er könne sich auch vorstellen, dass sich Kirchengemeinden in Deutschland als zahlende Paten an den humanitären Visa beteiligten, so Dröge.
Kirchen finanzieren humanitäre Visa in Italien
Die humanitären Visa in Italien ermöglichen besonders schutzbedürftigen, kranken, alten oder kinderreichen Flüchtlingen die sichere und legale Einreise nach Italien. Bisher sind so rund 300 bis 400 Flüchtlinge, vor allem Syrer, nach Italien gelangt. Finanziert werde das Pilotprojekt von verschiedenen Kirchenorganisationen in Italien, so Kalb. So seien die Flüchtlinge nicht auf kriminelle Schleuser und strapaziöse Fluchtwege angewiesen.
Die beteiligten Organisationen übernehmen auch für die ersten Monate - das wurde nicht genauer definiert - alle Kosten: Reisetickets, Unterbringung, Verpflegung, betonte Kalb. Zudem kümmerten sie sich um die Integration der Flüchtlinge - vom Italienischlernen bis zu Ausbildung und Job. Das sei sowohl für die Staaten wie für die Flüchtlinge wesentlich billiger als bisher, betonte Kalb. Kein EU-Staat müsse für diese Lösung seine Gesetze ändern. Denn die Möglichkeit für Regierungen, humanitäre Visa zu erteilen, bestehe überall in Europa. (dpa)