Nach dem Unglück von Lampedusa mehren sich die Forderungen nach politischen Konsequenzen.

Kirchen kritisieren EU-Asylpolitik

Veröffentlicht am 06.10.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Berlin ‐ Während Papst Franziskus am Sonntag in Rom für die Opfer der Schiffskatastrophe von Lampedusa betete, ist in Deutschland eine Debatte um die Asylpolitik der Europäischen Union entbrannt. Bischöfe und Politiker kritisieren die bisherige Praxis zum Teil heftig und fordern Brüssel zum Umdenken auf.

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Franziskus erinnerte auf dem Petersplatz an die vielen Menschen, die am Donnerstag vor der Mittelmeerinsel ihr Leben verloren. "Beten wir alle in Stille für diese toten Brüder und Schwestern, für Frauen, Männer, Kinder", so der Papst: "Lassen wir unsere Herzen weinen."

Zollitsch: Todesfälle auf dem Meer müssen verhindert werden

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hatte die EU schon am Freitag aufgefordert, Konsequenzen aus der Katastrophe zu ziehen. "Stärker als bisher muss sich die EU nicht nur der Sicherheit der Außengrenzen, sondern auch der Sicherheit von Flüchtlingen verpflichtet wissen", erklärte er in Bonn.

Die Frage des politischen Asyls müsse im Einzelfall geklärt werden. "Aber die Menschlichkeit gebietet, alles Erforderliche zu tun, um Todesfälle auf dem Meer zu verhindern und ankommende Flüchtlinge mit Würde zu behandeln."

Ähnlich äußerte sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider. Er sprach von einer "Schande" für Europa. "Wir müssen dringend unsere Hilfe verstärken und die Lasten fair verteilen", sagte er. Die europäische Küstenwache müsse die Verpflichtung bekommen, Flüchtlinge in Seenot zu retten.

Friedrich fordert härteres Vorgehen gegen Schlepper

Am Samstag hatte auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein härteres Vorgehen gegen Schlepper angemahnt. Man müsse "noch stärker die Netzwerke organisierter und ausbeuterischer Schleusungskriminalität bekämpfen".

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Video: © Gottfried Bohl

Papst Franziskus besucht die Flüchtlingsinsel Lampedusa.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner sagte der "Welt am Sonntag", die Flüchtlingspolitik gehöre auf den Prüfstand. "Wir brauchen einen europäischen Flüchtlingsgipfel - das Drehen an einzelnen Schrauben allein hilft jetzt nicht weiter". Auch CDU-Vize Thomas Strobl sprach sich für ein Umdenken aus. Man dürfe die Italiener nicht mit dem Problem alleine lassen.

Die SPD forderte dagegen mehr Einsatz der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte der "Bild am Sonntag", die Flüchtlinge müssten gerechter in Europa verteilt werden. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der "Welt am Sonntag", die EU müsse neben der Grenzsicherung auch Nothilfe für Flüchtlinge zu ihrer Aufgabe machen: "Wir können nicht tatenlos zusehen, wie hilfesuchende Menschen vor unseren Küsten ertrinken."

Über 140 Menschen gestorben

Bei dem Umglück am Donnerstag waren über 140 Menschen ums Leben gekommen. Auch am Sonntag wurden erneut Leichen aus dem Meer geborgen. Es wurde mit Hunderten weiteren Todesopfern gerechnet. Gegen die 155 Überlebenden soll wegen illegaler Einwanderung ermittelt werden. Ihnen drohen Geldstrafen bis 5000 Euro.

Ein Schiff mit 500 Menschen an Bord war am Donnerstag vor der süditalienischen Insel Lampedusa in Brand geraten und gekentert. Die meisten Flüchtlinge kamen aus Somalia und Eritrea. (gho/KNA/dpa).