Kirchenvertreter warnen und bitten Donald Trump
Nach der Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, melden sich zahlreiche Kirchenvertreter mit Mahnungen zu Wort. Bereits am Mittwoch hatte Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz betont, alle Parteien müssten den "Status Quo" der Stadt respektieren, "wie es die entsprechenden Resolutionen der UN vorsehen. Gleichzeitig zeigte er sich "tief besorgt" über die Situation um Jerusalem.
Er hoffe, dass sich "Weisheit und Klugheit durchsetzen", damit keine neuen Spannungen zu der schon von Konflikten gezeichneten Weltlage hinzukämen, so Franziskus. Jerusalem sei Juden, Christen und Muslimen heilig und habe eine "besondere Berufung zum Frieden". Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte am Donnerstag an, sich mit dem Papst beraten zu wollen. "Das ist nicht mehr nur die Aufgabe der Muslime, sondern regelrecht der Menschheit", sagte Erdogan am Donnerstag in Ankara.
Der Anglikaner-Primas Justin Welby nannte den bisherigen "Status Quo" auf Twitter "eines der wenigen stabilen Elemente der Hoffnung auf Frieden und Versöhnung für Christen, Juden und Muslime im Heiligen Land". Der Erzbischof von Canterbury rief dazu auf, für den Frieden von Jerusalem zu beten.
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In Deutschland warnte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) davor, den Konflikt religiös anzuheizen. Der Status Jerusalems müsse politisch geklärt werden, sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. "Man sollte daraus nicht auch noch einen religiösen Konflikt machen."
Sternberg wandte sich damit auch gegen Spekulationen, Trump erfülle mit seiner Entscheidung Wahlversprechen jüdischer oder evangelikaler Lobbygruppen in den USA. "Das führt nicht weiter", sagte er. Zugleich kritisierte Sternberg das Vorgehen Trumps. Es drohe ein Flächenbrand im Nahen Osten. "Nicht auszudenken, dass der mächtigste Mann der Welt eine solche Entscheidung aus dem Bauch heraus fällt", sagte er. Europa müsse sich die Frage stellen, ob die USA unter Trump weiter die Leitfunktion für den Westen hätten. Der Kontinent selber müsse aktiver für seine Werte einstehen.
13 Patriarchen und Würdenträgerschreiben Offenen Brief
Das Oberhaupt der Weltorthodoxie, der griechisch-orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., rief zum vertieften Dialog der Religionen und einer Kultur der Solidarität auf. Das friedliche Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen im Mittelmeerraum über vergangene Jahrhunderte zeige, dass "Religionen als Instrumente von Frieden, Toleranz und Verständnis sowie zur Annäherung von Kulturen" dienen könnten, sagte er bei der Entgegennahme der Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität Jerusalem. Interreligiöser Dialog könne "Vorurteile abschaffen und zu gegenseitigem Verständnis sowie friedlicher Konfliktlösung beitragen".
Die christlichen Oberhäupter in Jerusalem appellierten an den US-Präsidenten, den internationalen Status der Stadt auf keinen Fall aufzukündigen. "Jede plötzliche Veränderung würde irreparablen Schaden anrichten", schrieben die 13 Patriarchen und Würdenträger in einem offenen Brief - wenige Stunden vor der Rede, in der Trump Jerusalem am Mittwochabend als Hauptstadt Israels anerkannt hat. "Wir sind überzeugt, dass solche Schritte verstärkten Hass, Konflikte, Gewalt und Leid in Jerusalem und dem Heiligen Land verursachen wird", heißt es in dem Schreiben.
Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der griechisch-orthodoxe Patriarch Theophilos III., der Apostolische Administrator des lateinischen Patriarchats, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, und der Franziskaner-Kustos des Heiligen Landes, Francesco Patton. Sie baten Trump, den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern zu unterstützen. Ein endgültiger Frieden könne nicht erreicht werden, wenn Jerusalem nicht als Heilige Stadt und gemeinsamer Ort dreier Religionen und zweier Völker erhalten bleibe: "Wir sind zuversichtlich, dass wir mit starker Unterstützung unserer Freunde, Israelis wie Palästinensern, für die Vereinbarung eines dauerhaften und gerechten Frieden arbeiten können, der allen dient, die nach der Heiligen Stadt Jerusalem streben, um deren Schicksal zu erfüllen."
Unterdessen hat die radikal-islamische Hamas hat zu einem neuen Palästinenseraufstand (Intifada) gegen Israel aufgerufen. Die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch den US-Präsidenten Donald Trump komme einer "Kriegserklärung gegen die Palästinenser" gleich, sagte Hamas-Chef Ismail Hanija am Donnerstag in Gaza. Am Freitag müsse die "Intifada zur Befreiung Jerusalems" beginnen, forderte der Chef der bisher im Gazastreifen herrschenden Organisation. (bod/dpa/KNA)