Kluge Entscheidung oder Humorlosigkeit?
Pro: Eine kluge Entscheidung des Bistums!
Jetzt wird der katholischen Kirche also Humorlosigkeit vorgeworfen. Dabei war der Gag doch so genial: Der philippinische Priester Falbert San Jose fährt nach der Christmette schnulzige Weihnachtslieder trällernd auf einem Hoverboard zwischen den Kirchenbänken hin und her und dreht Pirouetten. Wahnsinnig lustig. Nur die Kirche muss natürlich wieder draufhauen. –
Vielleicht habe ich mir den Clip noch nicht oft genug angeschaut, um den Witz zu finden. Doch ehrlich gesagt fällt es mir schon schwer, die rund drei Minuten auch nur einmal ganz anzusehen. Hat dieser Priester überhaupt verstanden, worum es in der Messe geht? Man könnte sicherlich, wenn man schon nicht darüber lachen kann, die Sache einfach schnell als Angelegenheit eines einzelnen Geistlichen zur Seite schieben. Aber das Problem liegt viel tiefer.
Es steht symptomatisch für eine Kirche, die in weiten Teilen völlig vergessen hat, warum sie da ist, und die deshalb den Menschen rein gar nichts mehr zu sagen hat. Warum sonst treten diese in Scharen aus? Das neue Glaubensvakuum muss natürlich irgendwie mit Inhalt gefüllt werden. Was läge also näher als ein Hoverboard im Gottesdienst? Oder vielleicht Popcorn? Oder ein aufgestelltes Schwimmbecken? Der menschlichen Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und unmerklich und unweigerlich rückt der Mensch sich immer weiter selbst in den Mittelpunkt.
Die philippinische Anekdote zeigt, dass es sich bei dieser neuen kirchlichen Inhaltslosigkeit keineswegs nur um ein westliches oder gar deutsches Problem handelt. Deshalb sollte die Kirche und mit ihr jeder Katholik sich dringend Gedanken über die Bedeutung der Messe machen. Was Liturgie ist, lässt sich mit einem Blick auf die Orthodoxie oder auf die oft geschmähte Messe im außerordentlichen Ritus erlernen. Das gottesdienstliche Geschehen ist hier noch vom Anfang bis zum Ende auf seinen Mittelpunkt ausgerichtet: die Eucharistie.
Falbert San Jose hat jetzt erst mal Urlaub und damit jede Menge Zeit, sich mit der Liturgie und den Sakramenten auseinanderzusetzen. Eine kluge Entscheidung des Bistums! Das wird dem Mann gut tun, denn auf die Dauer ist es sicher sehr anstrengend, von Jesus Christus weg auf sich selbst zu zeigen. Und es ist nicht lustig.
Von Julia-Maria Lauer
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Contra: Was rechtfertigt diesen disziplinarischen Schritt?
Als ich heute hörte, dass der philippinische Priester Pater Falbert San Jose von seiner Diözese suspendiert wurde, nur weil er in einem Weihnachtsgottesdienst mit einem Hoverboard durch die Reihen gefahren war, hat es mir die Sprache verschlagen. Was bitte hat dieser Priester verbrochen, das einen solchen disziplinarischen Schritt rechtfertigt? Er hat sich doch keine moralische Verfehlung zuschulden kommen lassen!
Das Argument, der Pater habe vom Gottesdienst abgelenkt, überzeugt mich nicht. Für mich verliert der Gottesdienst durch eine solche, nur wenige Minuten dauernde Aktion nichts von seiner Würde. Und Menschen, die sich gern selbst darstellen, gibt es innerhalb wie außerhalb der Kirche – eine Fahrt mit dem Hoverboard ist dafür kein Kriterium.
Die völlig überzogene Reaktion der Diözese zeugt aus meiner Sicht vielmehr davon, wie hoch der Elfenbeinturm ist, in dem sich manche Teile der Kirche verstecken. Sie malt das Bild von einer allzu engen Vorstellung von Liturgie. Und noch unverständlicher wirkt die prompte Reaktion in diesem harmlosen Fall, wenn man sich vergegenwärtigt, wie zögerlich das Vorgehen der Kirche bei der Aufarbeitung der eigenen Skandale – wie dem Missbrauch – sonst oft wirkt.
Ich finde es absolut ehrenwert, wenn Priester versuchen, Menschen auch auf unkonventionelle Weise für den Glauben zu begeistern. Mit seiner Aktion hat Pater Falbert San Jose jedenfalls die Aufmerksamkeit tausender Menschen generiert, die sich sonst vielleicht gar nicht mit der Kirche beschäftigen würden. Innerhalb kürzester Zeit verbreitete sich das Video in den sozialen Netzwerken, Menschen auf der ganzen Welt freuten sich über den "coolen Priester". Durch die Suspendierung steht die Kirche nach außen nun humorlos und engstirnig da. Das ist der eigentliche Schaden.
Von Gabriele Höfling