Text als Orientierungshilfe in Verantwortung der einzelnen Bischöfe

Kommunionstreit: Bischöfe veröffentlichen Handreichung

Veröffentlicht am 27.06.2018 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 
Ökumene

Bonn ‐ Überraschende Wendung im Kommunionstreit: Nach Kritik aus Rom ist die Handreichung der deutschen Bischöfe nun doch veröffentlicht worden. Sie soll als Orientierungshilfe für die einzelnen Bischöfe dienen.

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Die deutschen Bischöfe haben die Handreichung zum Kommunionempfang evangelischer Ehepartner veröffentlicht. Der Text liege nun als Orientierungshilfe in der Verantwortung der einzelnen Bischöfe, erklärte der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwoch in Bonn. "Es ist uns wichtig, dass wir im ökumenischen Suchen zu einem vertieften Verständnis und einer noch größeren Einheit der Christen unterwegs sind, und fühlen uns verpflichtet, hier mutig voranzuschreiten", begründeten die Bischöfe ihren Schritt. Die Handreichung trägt den Titel "Mit Christus gehen – Der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie".

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, habe im Gespräch mit Papst Franziskus erklären können, dass der Text nicht als Dokument der Bischofskonferenz erscheint, "da es auch um eine weltkirchliche Dimension geht", so der Ständige Rat. Der Brief der Kongregation für die Glaubenslehre vom 25. Mai gebe darüber hinaus einen Interpretationsrahmen für die Orientierungshilfe. Unabhängig von der Handreichung solle die Thematik selbst – entsprechend dem Brief der Kongregation für die Glaubenslehre – weiter vertieft werden. "Wir bieten dem Heiligen Vater und der Römischen Kurie dazu unsere Mitarbeit an."

"Die konfessionsverbindenden Ehepaare und Familien liegen uns sehr am Herzen", heißt es in der Mitteilung weiter. Man ringe daher um eine geistliche Hilfe für die Gewissensentscheidung in seelsorglich begleiteten Einzelfällen für konfessionsverbindende Ehepaare, "die ein ernsthaftes geistliches Bedürfnis haben, die Eucharistie zu empfangen". Durch die Taufe, den Glauben und das Sakrament der Ehe seien sie miteinander engstens verbunden und teilten ihr ganzes Leben. Die Bischöfe betonen gleichzeitig, dass "Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft zusammengehören". Deshalb gehe es nicht um eine grunsätzliche Teilnahme von Protestanten an der Eucharistie, sondern konkret um "die Frage des Kommunionempfangs für den evangelischen Ehepartner einer konfessionsverbindenden Ehe".

Papst: Wird ein Dokument zur Orientierung geben

Die Bischofskonferenz hatte sich im Februar mit Dreiviertel-Mehrheit auf eine bisher nicht veröffentlichte Handreichung geeinigt, wonach evangelische Ehepartner im Einzelfall die Kommunion empfangen können. Sieben Bischöfe unter der Federführung Kardinal Woelkis baten daraufhin den Vatikan um Klarstellung, ob eine solche Regelung von einer einzelnen Bischofskonferenz beschlossen werden kann. Nach Gesprächen Anfang Mai in Rom verwies der Vatikan den Konflikt zunächst an die Bischofskonferenz zurück. Anfang Juni wurde dann ein Brief der Glaubenskongregation bekannt, in dem es heißt, der Papst sei zu dem Schluss gekommen, "dass das Dokument nicht zur Veröffentlichung reif ist".

Am Donnerstag hatte Franziskus jedoch betont, der Brief sei "keine ökumenische Bremse". Die geplante Handreichung sei sogar restriktiver gewesen, als es das Kirchenrecht vorsehe, und habe keinesfalls die Kommunion für alle öffnen wollen. Er glaube, es werde "ein Dokument zur Orientierung geben, damit jeder Bischof in seinem Bistum das regeln kann, was das Kirchenrecht schon jetzt erlaubt". (bod)

Hinweis: Dieser Text wird fortlaufend aktualisiert.

Bild: ©KNA

Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz hat seine Handreichung zum Kommunionempfang konfessionsverschiedener Ehepaare veröffentlicht.

Das steht in der Handreichung der Bischöfe

Mit ihrer Handreichung wollen die Bischöfe "einen persönlich verantworteten und kirchlichen anerkannten Weg" für konfessionsverbindende Ehepartner aufzeigen, gemeinsam an der katholischen Kommunion teilzunehmen. Nichtkatholische Ehepartner dürfen demnach die Kommunion empfangen, wenn sie nach einem seelsorglichen Gespräch zur Überzeugung gelangen, ihrem Gewissen zu folgen und dadurch eine "schwere geistliche Notlage" zu beenden.

Die Einladung richte sich sowohl an jene Eheleute, die bislang bereits ohne offizielle Erlaubnis die Kommunion empfangen haben, als auch an jene, die davon Abstand genommen hatten. Ausdrücklich weisen die Bischöfe darauf hin, dass die persönliche Prüfung nicht zwangsläufig zur Teilnahme an der Kommunion führen muss. In der Handreichung wird etwa die Praxis der "geistlichen Kommunion" angeführt. Diese sei insbesondere dann angezeigt, wenn der eucharistische Glaube von einem nichtkatholischen Ehepartner nicht geteilt wird.

In der Handreichung erklären die Bischöfe, sich in ihrem Vorhaben "in enger Verbundenheit mit Papst Franziskus" zu wissen. Dabei erinnern sie an den Besuch des Papstes in der lutherischen Gemeinde von Rom im November 2015. Bereits damals habe er konfessionsverbindenden Paaren zur Gewissensentscheidung geraten. Die Kirche kenne dabei keine generelle Lösung, erklären die Bischöfe nun. "Sie kennt aber um des Heiles der Seelen willen Ausnahmen von der Regel und besondere Wege für einzelne Gläubige."

Theologisch stützen sich die Bischöfe in ihrer Handreichung auf das Ökumenismusdekret "Unitatis redintegratio" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Demnach bleibe "die volle eucharistische communio das Ziel der Ökumene". "Eine konfessionsverbindende Ehe, die sakramental verbindet, realisiert partiell bereits die Kirchengemeinschaft, auf die wir aus sind", heißt es an anderer Stelle der Handreichung.

Die Bischöfe argumentieren zudem mit dem Kirchenrecht. Der Codex Iuris Canonici, das Gesetzbuch der Kirche, stellt in Canon 844 §4 fest, dass Protestanten in der katholischen Kirche unter bestimmten Bedingungen zur Kommunion zugelassen werden können. Dazu zählt, dass "nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine (…) schwere Notlage dazu drängt". Dazu erklären die deutschen Bischöfe: "Wir können (…) nicht übersehen, dass eine 'schwere geistliche Notlage' entstehe kann, wenn ein echtes Verlangen nach der Kommunion nicht gestillt wird." Eine Möglichkeit zu bieten, diese Situation zu beenden, sei "in solchen Einzelfällen ein pastoraler Dienst, durch den das Band der Ehe gefestigt wird und die Eheleute wissen dürfen, dass die kirchentrennenden Hindernisse das Band ihrer Ehe nicht zerreißen", so die Bischöfe.

Mit der Formulierung "schwere geistliche Notlage" beziehen sich die Bischöfe die Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia" von Papst Johannes Pauls II. (1920-2005). Zudem verweisen sie auf die Enzyklika "Ut unum sint" des heiligen Papstes. Auch darin habe er bereits auf die Möglichkeit des Kommunionempfangs von Nichtkatholiken hingewiesen. Dieser Hinweis richte sich jedoch nicht allein auf die äußere Situation, "sondern auch auf eine bestimmte Einstellung der Menschen, die um den Empfang eines Sakraments in der katholischen Kirche bitten".

Mit Blick auf die Frage der Kommunion für konfessionsverschiedene Ehepartner erinnern die Oberhirten auch an die Debatte um die Kommunionzulassung wiederverheirateter Geschiedener. Papst Franziskus habe dabei in "Amoris laetitia" ebenfalls die Gewissensentscheidung der Gläubigen betont. Das Apostolische Schreiben entwickle damit eine "Hermeneutik" für den Umgang mit dem Kommunionempfang in konfessionsverschiedenen Ehen. (kim)

Hier können Sie die Handreichung herunterladen.