"Lohnt einen Umweg"
"Idyllisch im Jagsttal gelegen", "beeindruckendes Kloster mit prächtiger Kirche", "lohnt einen Umweg" - bei den Nutzern des Bewertungsportals "TripAdvisor" bekommt Kloster Schöntal Bestnoten. Verwunderlich ist das trotz der abseitigen Lage des Klosters nicht: Immerhin gilt die ehemalige Zisterzienserabtei im Nordosten Baden-Württembergs als eine der schönsten barocken Klosteranlagen Deutschlands.
Von Montag an können sich auch die katholischen Bischöfe von der Schönheit Schöntals überzeugen. Mit ihrer Frühjahrs-Vollversammlung ist die Deutsche Bischofskonferenz vier Tage lang zu Gast in der Abtei, die seit 1979 als Tagungshaus des Bistums Rottenburg-Stuttgart dient. Somit treffen sich die derzeit 66 Mitglieder der Konferenz diesmal nicht in einer Bischofsstadt, sondern in der ländlichen Abgeschiedenheit eines Klosters.
Kontemplative Atmosphäre
Mit dieser Ortswahl bleibt sich die gastgebende Diözese in gewisser Weise treu: Schon die letzte Vollversammlung auf dem Gebiet des Bistums Rottenburg-Stuttgart fand 2007 in der kontemplativen Atmosphäre des oberschwäbischen Klosters Reute statt. Wie abgelegen auch Schöntal tatsächlich ist, zeigt sich unter anderem daran, dass das Bistum vor der anstehenden Vollversammlung Maßnahmen für einen besseren Handy-Empfang ergreifen musste - schließlich wollen die Bischöfe und die sie beobachtenden Journalisten auch im Jagsttal nicht auf Telefon und Internet verzichten.
Stichwort: Deutsche Bischofskonferenz
Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss aller katholischen Bischöfe in Deutschland. Aufgabe der Konferenz sind das Studium und die Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, die gegenseitige Beratung, die notwendige Koordinierung der kirchlichen Arbeit, der gemeinsame Erlass von Entscheidungen sowie die Pflege von Verbindungen zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Organ der Bischofskonferenz ist die zweimal jährlich tagende Vollversammlung. Weitere Organe sind der Ständige Rat, in dem jede Diözese durch den Bischof mit Sitz und Stimme vertreten ist, der Vorsitzende und die Bischöflichen Kommissionen. (stz)Kloster Schöntal wurde 1157 von Maulbronner Mönchen gegründet. Das malerisch an der Jagst gelegene Abtei-Gelände stellten die Herren von Berlichingen zur Verfügung, deren Stammsitz - die durch Johann Wolfgang Goethes Schauspiel Götz von Berlichingen bekannt gewordene Burg Jagsthausen - nur wenige Kilometer von Schöntal entfernt liegt. Götz von Berlichingen, der 1562 verstorbene Ritter mit der eisernen Hand und dem derben Mundwerk, liegt neben weiteren Mitgliedern seiner Familie im sehenswerten Kreuzgang von Kloster Schöntal begraben.
Im Laufe der Jahrhunderte durchlebte die Abtei eine wechselvolle Geschichte. Immer wieder wurde das Kloster ausgeraubt und zerstört, immer wieder gelang jedoch der Neuanfang. Nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), in dessen Verlauf die Abtei belagert wurde und die Mönche fliehen mussten, erlebte Schöntal unter Abt Benedikt Knittel eine besondere Blüte. Seiner fast 50-jährigen Amtszeit als Klostervorsteher verdankt die Anlage ihr prachtvolles barockes Aussehen; unter anderem entstanden in dieser Zeit die Neue Abtei, der Konvent und die Klosterkirche.
Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster 1802 dann jedoch aufgelöst und vom Königreich Württemberg besetzt. Nahezu die gesamte Einrichtung wurde nach Stuttgart gebracht und die Gebäude zunächst als Oberamt genutzt. Von 1810 bis 1975 beherbergte das Gelände ein evangelisch-theologisches Seminar, bevor vier Jahre später schließlich das Tagungshaus des Bistums Rottenburg-Stuttgart eröffnet wurde.
Das Bistum selbst gehört zu den Schwergewichten unter Deutschlands Diözesen. Mit fast 1,9 Millionen Katholiken liegt Rottenburg-Stuttgart bundesweit hinter Köln, Münster und Freiburg auf dem vierten Platz; gemessen an der Gesamtbevölkerung im Bistum beträgt der Anteil der Katholiken allerdings nur 31 Prozent. Geografisch erstreckt sich die Diözese vom Main-Tauber-Kreis - dem nördlichsten Landkreis Baden-Württembergs - bis zum Bodensee. Neben der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart gehören unter anderem auch Ulm, Heilbronn und die Universitätsstadt Tübingen zum Bistum.
Guter Vermittler an der Bistumsspitze
Bischof von Rottenburg-Stuttgart - und damit Gastgeber der Vollversammlung in Schöntal - ist seit dem Jahr 2000 Gebhard Fürst. Der 67-Jährige, der innerhalb der Bischofskonferenz unter anderem Vorsitzender der Publizistischen Kommission und der Unterkommission Bioethik ist, gilt als aufmerksamer Zuhörer und guter Vermittler. Gesprächspartner bestätigen, dass Dialog für ihn kein Reklamewort ist, sondern seiner Überzeugung entspricht.
Nicht nur die Vollversammlung in Schöntal macht 2016 übrigens zu einem besonderen Jahr für Rottenburg-Stuttgart. Die Diözese feiert in diesem Jahr mit einem "Martinsjahr" auch den 1.700. Geburtstag ihres Patrons Martin von Tours. Der populäre Heilige ist bis heute tief im christlichen Brauchtum verwurzelt; darüber hinaus macht sein soziales Wirken den Mantelteiler zu einem idealen Vorbild für den Umgang mit der aktuellen Flüchtlingskrise - einem Thema, das auch im Mittelpunkt der Beratungen der Bischöfe in Kloster Schöntal stehen wird.