Losinger: Eine Art Rasterfahndung
Mit Blick auf Gendiagnostik vor der Geburt mahnte die Ratsvorsitzende Christiane Woopen zu raschem Handeln, da etwa die Fehlerrate bei Bluttests auf das Down-Syndrom recht hoch sei, die Ergebnisse aber meist zur Abtreibung führten. Eine Mehrheit des Rates verlangte, derartige Tests überhaupt nur bei einem erhöhten Risiko auf Anomalien zuzulassen. Zudem sollten pränatale Gentests mit weiterführenden Ultraschalluntersuchungen verbunden werden.
Ferner ist nach Einschätzung des Rates eine unabhängige psychosoziale Beratung für Schwangere unentbehrlich, da entsprechende Befunde für viele die Frage eines Abbruchs der Schwangerschaft aufwerfen. Zur besseren Information empfahl der Rat eine offene Plattform zur Qualität und Aussagekraft von Gentests. Auch müsse der Gesetzgeber den Umgang mit Nebenbefunden und "Überschussinformationen" bei Tests klar regeln. Dringenden Regelungsbedarf sah der Rat zudem angesichts der wachsenden Zahl von etwa im Internet angebotenen Tests.
Uneinigkeit im Ethikrat
Vier Ratsmitglieder, darunter die beiden Vertreter der katholischen Kirche, der Augsburger Weihbischof Anton Losinger sowie der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff, sahen in den Pränataltests eine "Art Rasterfahndung" mit dem Ziel, "die Träger einer bestimmten genetischen Anomalie aufzuspüren, wobei in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle eine vorgefasste Absicht zum Schwangerschaftsabbruch leitend ist". Laut Studien geschieht dies bei einem positiven Befund in neun von zehn Fällen. In einem Sondervotum verlangten sie deshalb, Pränatal-Tests weder öffentlich zu fördern noch durch die Krankenkassen zu finanzieren.
In einem zweiten Sondervotum lehnten acht Ratsmitglieder hingegen alle Einschränkungen ab und sahen darin eine Verschärfung des Abtreibungsrechts. Sie empfahlen stattdessen, künftig auch Ungeborene auf Krankheiten untersuchen zu dürfen, die im späteren Leben möglicherweise ausbrechen könnten. (KNA)