Marx: Christen dürfen nicht den Hass wählen
Der politische Streit sei "enthemmter geworden", beklagte der Kardinal. Deutliche Kritik äußerte Marx auch an dem unionsinternen Streit über die Flüchtlingspolitik. Manche Äußerungen aus der CSU hätten ihn "zumindest irritiert", sagte der Erzbischof von München und Freising. Der Begriff der Obergrenze suggeriere eine Lösung, "die so nicht zu finden ist", fügte er hinzu. "Mir wäre wirklich lieber, dass in einer solchen herausfordernden Situation die Regierung gemeinsam und im vertrauensvollen Miteinander agiert."
In dem Interview verteidigte der Erzbischof den Rücktritt des Pfarrers im oberbayerischen Zorneding, der sein Amt nach rassistischen Drohungen aufgegeben hatte. "Seine Entscheidung muss ich als Bischof respektieren, obwohl ich den Rückzug bedauere", sagte Marx. Die Auseinandersetzungen vor Ort seien "nicht gut gelaufen". Das habe jedoch Konsequenzen gehabt, es seien auch Versöhnungsgespräche geführt worden.
Keine einfachen Antworten in der Flüchtlingskrise
Bei der Vollversammlung des Münchner Diözesanrats der Katholiken in Neubiberg rief Marx die Christen in Europa dazu auf, aktuellen Tendenzen des Rechtspopulismus, des Nationalismus und der Eigenbrötlerei entgegenzutreten. "Wir sind Universalisten und nicht kleinkarierte, auf uns selber bezogene Nationalisten", sagte der Kardinal. Europa dürfe nicht auseinanderfallen und in Eigeninteresse wieder getrennte Wege gehen. Christen sollten daher "ein Netz des Kontakts über den Kontinent spannen".
Marx wandte sich gegen einfache Antworten in der Flüchtlingskrise. "Die Lösung kann nicht darin bestehen zu sagen: 'Wenn die Armen und Erniedrigten nicht mehr bei uns sind, haben wir das Problem weitgehend gelöst.' Das ist ein Irrtum, und dem müssen wir widerstehen!", so der Erzbischof von München und Freising. Ethisches Fundament müsse der Grundsatz bleiben, dass, wer Europas Grenze erreiche, vor Verfolgung und Krieg sicher sei. (KNA)
13.03.2016, 11.30 Uhr: ergänzt um Worte des Kardinals vor dem Diözesanrat