Mindeststandards wie ein Verbot von Kinderarbeit könnten helfen

Marx: Welthandel soll Fluchtursachen bekämpfen

Veröffentlicht am 23.11.2016 um 17:17 Uhr – Lesedauer: 
Marx: Welthandel soll Fluchtursachen bekämpfen
Bild: © KNA
Flüchtlinge

München ‐ Damit nicht so viele Menschen weltweit zur Flucht gezwungen sind, soll die Welthandelsorganisation mithelfen, forderte Kardinal Reinhard Marx. Zur Begründung zog er einen eindringlichen Vergleich.

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Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat für ein entschiedeneres Vorgehen der Welthandelsorganisation (WTO) gegen weltweite ökologische, soziale und rechtliche Missstände plädiert. Im Wirtschaftssektor sei die WTO die "einzige Organisation, die auch Zähne hat", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des katholischen Missionswerks missio München. Mit ethischen Mindeststandards wie einem generellen Verbot von Kinderarbeit für alle WTO-Mitgliedsländer könnten auch Fluchtursachen in den Ländern bekämpft werden, aus denen Menschen nach Europa flöhen.

Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme sagte, sein Unternehmen und andere deutsche Firmen hielten sich in Ländern, in denen die "Herrschaftssysteme alles andere als sauber sind", zurück, etwa in Nigeria. Umso mehr müssten Industrie und Wirtschaft hierzulande ihrer "besonderen Rolle" bei der Integration von Flüchtlingen gerecht werden - etwa durch Sprach- und Förderkurse mit der Aussicht auf betriebliche Anstellung. "Es sind nicht alles syrische Ärzte, aber die Qualifikation ist auch längst nicht so schlecht, wie behauptet."

Fehler in der Ausnahmesituation

Vor allem stünden die Flüchtlinge "unseren Grundüberlegungen von Demokratie und Menschenrechten viel offener gegenüber, als behauptet wird", betonte der Manager. Marx sagte, es sei ein Problem, dass rechte und rechtspopulistische Parteien in Europa von vorneherein auf dem Gegenteil beharrten. Wo Begegnung stattfinde, sinke die Ausländerfeindlichkeit, betonte der Kardinal. Dies gelte auch für Menschen, "die eine Kirche noch nie von innen gesehen haben", wohl aber Parolen vom "christlichen Abendland" benutzten. Cromme sieht in der Unsicherheit vieler Deutscher einen Grund für die Proteste gegen Flüchtlinge. Es sei ein Fehler gewesen, angesichts der Massenzuwanderung im vergangenen Jahr nicht klar die Ausnahmesituation kenntlich zu machen, in der das Grundgesetz aber sehr wohl zum Handeln von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verpflichtet habe. "Wir schaffen das - ich habe das nicht negativ gesehen", erklärte Cromme. "Ich auch nicht", fügte Marx hinzu. (KNA)