Marx zu Ökumene: Deutsche müssen Vorreiter sein
Zum Auftakt des ökumenischen Reformationsgedenkens hat Kardinal Reinhard Marx Katholiken und Protestanten aufgerufen, das Jahr 2017 als Chance zu begreifen. Die katholische Kirche werde durch das Erinnern an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren nicht bedroht, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag in einem ökumenischen Gottesdienst zum Reformationsfest in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Roms.
"Wir brauchen einen langen Atem"
"Die große Geschichte des Christentums liegt vor uns, nicht hinter uns. Wir brauchen einen langen Atem, um unseren gemeinsamen Glauben in die Gesellschaft einzubringen und das Miteinander zu verbessern", so Marx. Dies sei umso bedeutender in der Auseinandersetzung mit Ideen wie beispielsweise dem radikalen Islamismus. "Gott lässt sich nicht benutzen", sagte Marx. Die Rechtfertigungslehre könne ein Schutzwall sein gegen diese Tendenzen. "Warum sollte das Christusfest 2017 nicht auch ein Jahr der Neuentdeckung und Vertiefung des christlichen Glaubens werden?".
Er betonte, die Katholische und Evangelische Kirche in Deutschland müssten weltweit eine ökumenische Vorreiterrolle spielen. Die Reformation sei von Deutschland ausgegangen, daher hätten diese beiden Kirchen auch "eine besondere Aufgabe, viel dafür zu tun, dass wir zusammenkommen", so der Münchener Kardinal nach dem Gottesdienst vor Journalisten. Hierbei dürfe man sich nicht überheben, aber auch nicht verstecken. Marx äußerte die Hoffnung, dass die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Ende des Gedenkjahres nicht nur "einfache Fortschritte" erzielt haben würden, sondern einen Beitrag "zu einer wirklich und sichtbaren Einheit" leisten könnten.
Zugleich wandte sich Marx gegen überzogene Erwartungen an das ökumenische Reformationsgedenken im schwedischen Lund mit Papst Franziskus und Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbundes (LWB) am Montag. Eine Reise könne nicht von heute auf morgen alles verändern, so Marx. Sie könne jedoch Anstöße geben. Dies habe die Deutschland-Reise von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 1980 gezeigt, die letztlich die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von Vatikan und Lutherischem Weltbund von 1999 angestoßen habe.
"Da ist noch Arbeit"
Eine unmittelbare Annäherung in der Frage des gemeinsamen Abendmahls ist nach Einschätzung des Münchener Kardinals von der Schweden-Reise und der gemeinsamen Erklärung nicht zu erwarten. Beide Seiten wüssten, dass "da noch Arbeit ist". Er hoffe jedoch, dass die gemeinsame Erklärung, die am Montag in Lund unterzeichnet werden soll, Anstöße zu diesem Thema enthalte. (gho/KNA)