Diskussion in Hamburg über Moschee-Entwicklungspläne

Megamoschee oder Beten in der Tiefgarage?

Veröffentlicht am 27.05.2016 um 13:45 Uhr – Von Kristian Stemmler (KNA) – Lesedauer: 
Hunderte Muslime beten in der Moschee von Rom
Bild: © KNA
Religion

Hamburg ‐ Hamburg besitzt laut einer Studie nur eine repräsentative Moschee. Die anderen 42 befinden sich in Läden, Hinterhöfen oder Tiefgaragen. Deshalb wurde jetzt über Moschee-Neubauten diskutiert.

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Mit recht klarem Ergebnis: Denn dass die Moscheen aus den Hinterhöfen heraus müssen - darüber gab es auf dem Podium am Donnerstagabend keine zwei Meinungen. Es fand in der früheren evangelischen Kapernaum-Kirche in Hamburg-Horn statt, die derzeit zu einer Moschee umgebaut wird.

"Hamburg braucht eine Moschee-Entwicklungsplanung", forderte etwa Stefanie von Berg, religionspolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion. Eine Haltung, für die sie Zustimmung von den weiteren Podiumsteilnehmern erntete: dem Vorsitzenden der Al-Nour-Gemeinde, Daniel Abdin, wie auch von Kirchenarchitekt Joachim Reinig.

Moscheen als Orte der Begegnung wichtig

"Wir brauchen Stadtteilmoscheen - überall", erklärte von Berg und räumte ein: "Bisher sind wir da noch nicht so weit gekommen." Es dürfe nicht sein, dass die meisten Hamburger Muslime in ehemaligen Garagen, Läden oder anderen provisorischen Gebetsräumen beten müssten. Gerade angesichts der Ängste, die durch die Zuwanderung in der Bevölkerung entstünden und von rechten Kräften forciert würden, seien Orte der Begegnung wichtig: "Und Moscheen sind solche Orte."

Bild: ©KorayErsin/Fotolia.com

Wie groß darf eine Moschee sein? Und was ist eine "Mega-Moschee"? In die DITIB-Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh passen beispielsweise etwa 1.200 Gläubige.

Skeptisch äußerte sich die grüne Abgeordnete zur politischen Stimmung in Sachen Moscheen. Es sei zwar der CDU-Bürgermeister Ole von Beust gewesen, der vor mehr als vier Jahren den Staatsvertrag zwischen der Stadt und den muslimischen Verbänden angeregt habe, aber inzwischen hätten einige CDU-Politiker entdeckt, dass man mit dem Thema Ängste schüren könne. "Wir hoffen aber, dass wir die CDU an Bord behalten, weil wir einen breiten Konsens bei dem Thema brauchen", so von Berg.

Architekt Reinig nannte ein aktuelles Beispiel für die Haltung der CDU in der Frage. In der Hamburger Morgenpost hatte sich der CDU-Kommunalpolitiker Jörn Frommann vor kurzem gegen den Bau einer großen Moschee in einem geplanten neuen Wohnquartier in Wilhelmsburg gewandt, die in der Zeitung als "Mega-Moschee" bezeichnet wurde.

Bedarf an Gebetsräumen für die Muslime lange bekannt

"'Mega-Moschee' ist natürlich Blödsinn", betonte Reinig, "die Moschee hat eine ganz normale Größe." Der Architekt leitete für die Schura, den Rat der islamischen Gemeinden, und die großen muslimischen Verbände DITIB und VIKZ mit Förderung des Senats eine Studie zu Hamburgs Moscheen, die er bei der Podiumsdiskussion vorstellte. Für die Untersuchung besuchte Reinig alle 42 Moscheen der genannten Verbände. Nur eine sei wirklich repräsentativ, die Imam Ali Moschee an der Außenalster; die anderen befänden sich etwa in früheren Läden oder Betrieben, in Hochhäusern oder Hinterhöfen, erklärte er.

Der Bedarf an Gebetsräumen für die Muslime sei lange bekannt, aber man habe wenig getan, bedauerte Reinig. Jetzt erst habe der Hamburger Senat die Dringlichkeit des Themas erkannt. Es müssten Moscheen gebaut werden, die im Stadtbild deutlich erkennbar sind, forderte er: "Sichtbare Moscheen sind notwendig, um Integration zu ermöglichen."

Linktipp: Neymeyr verteidigt Moscheebau

Zwar gebe es Bedingungen für den Bau von Moscheen, meint der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr. Dennoch hätten die Muslime das Recht, Gotteshäuser zu errichten. Das gelte auch für ein umstrittenes Projekt in Erfurt.

Beim Vorsitzenden der Al-Nour-Gemeinde Abdin, einem von drei Vorstandsvorsitzenden der Hamburger Schura, liefen von Berg und Reinig offene Türen ein. "Würdelos" sei es, unter welchen Bedingungen Mitglieder seiner Gemeinde noch beten müssten. Die Al-Nour-Gemeinde, deren Besucher aus 30 Nationen kommen, nutzt derzeit noch eine ehemalige Tiefgarage im Hamburger Stadtteil St. Georg. Beim Freitagsgebet müssen Gläubige zum Teil wegen Überfüllung auf die Straße davor ausweichen.

In dieser Notlage habe man die ehemalige Kapernaum-Kirche gekauft, um sie zur Moschee umzubauen, so Abdin. Es müsse aber eine Ausnahme bleiben, dass eine Kirche in eine Moschee umgewandelt werde. Einen Termin für die Fertigstellung könne er noch nicht nennen. Fest stehe aber, dass die bisherige Schätzung der Baukosten korrigiert werden müsse - von etwa eineinhalb Millionen Euro auf das Doppelte.

Von Kristian Stemmler (KNA)