Mehr Zeit für die Bücher
36 Jahre lang hatte er das Amt inne, er dürfte damit der dienstälteste Cellerar in Deutschland sein. Grün ist aber auch der wohl bekannteste Mönch Deutschlands. Er ist Autor von mehr als 300 Büchern, die derzeit weltweit auf eine Auflage von rund 14 Millionen Exemplaren kommen. Und er ist gefragter Vortragsreisender. Banken buchen ihn ebenso wie katholische Bildungshäuser, seine Seminare werden von Managern besucht.
Mit 19 ins Kloster
Vom Glückspater, Volksprediger oder gar Guru ist da oft die Rede - Grün selbst sieht sich so nicht. "Für mich persönlich besteht die Kunst darin, die christlichen Geheimnisse so zu beschreiben, dass die Menschen merken: Das entspricht meiner tiefsten Sehnsucht."
Der 68-Jährige wurde im fränkischen Junkerhausen als Wilhelm Grün geboren, wuchs dann in München auf. Früh half er im Elektrogeschäft seines Vaters mit, verkaufte Glühbirnen und Taschenlampen - Erfahrungen, die er später als Cellerar der Abtei Münsterschwarzach nutzen konnte. Mit 19 Jahren trat er in das Kloster ein, jedoch mit einem ganz anderen Plan.
Grauer Bart und lange Haare
Eigentlich wollte Grün als Seelsorger in die Mission gehen. Stattdessen machte sich der Ordensmann nach seiner Promotion in Theologie noch an ein Studium der Betriebswirtschaft in Nürnberg. Er wurde Cellerar (Kellermeister), Chef eines mittelständischen Unternehmens mit fast 300 Mitarbeitern in 20 Betrieben. Verantwortlich dafür, dass für das Kloster, die Gehälter und für das ordenseigene Gymnasium mit rund 1.000 Schülern immer genug Geld da ist.
Dabei wurde der Mann mit dem grauen Rauschebart, den langen Haaren und der schwarzen Kutte selbst eine wichtige "Einnahmequelle" und somit ein Glücksfall für die Abtei. Er schreibt vor allem Ratgeber-Literatur. Allein sein Buch "50 Engel für das Jahr" von 1997 hat sich mehr als eine Million Mal verkauft. Auch die Seminare sind meist ausgebucht. Grün hat eine Fangemeinde wie wohl kaum ein anderer Geistlicher in Deutschland.
Sechs Stunden pro Woche für die Autorentätigkeit
Natürlich gibt es auch Neider und Kritiker. Sie werfen ihm vor, nicht das Christentum zu vermitteln, ja es zu verfälschen. Überhaupt sei seine Theologie zu esoterisch. Und als Grün dann auch noch eingestand, Geld des Ordens an der Börse verloren zu haben, wurde er prompt von einer großen Boulevard-Zeitung zum "Verlierer des Tages" erklärt. Geärgert habe ihn das, bekennt Grün. Aber er habe es auch als Chance begriffen: "Das tut meinem Image ganz gut, nicht immer nur als der Erfolgreiche zu gelten. Ich nehme es als spirituelle Herausforderung, zu Misserfolgen zu stehen."
Sechs Stunden pro Woche hatte er nach eigenen Angaben bisher für seine Autorentätigkeit. Jetzt, wo er nicht mehr wirtschaften muss, könnte das etwas mehr werden. Denn Grün möchte weiter Bücher schreiben sowie Vorträge und Seminare halten. "Ich wünsche mir, dass in meinem Nachruf stehen wird, dass er ein weites Herz hatte und dass er die Menschen geliebt hat, für die er die Bücher geschrieben hat", notierte Anselm Grün einmal. Einen eigenen Nachruf zu verfassen, könne Klarheit schaffen, was im eigenen Leben zähle.
Von Christian Wölfel (KNA)