Menschenwürde gilt auch für IS-Terroristen

Der Kardinal unterschied zugleich zwischen den einzelnen Personen und der Gruppierung. Es sei "klar, dass es sich beim IS um eine Terrorbande handelt, um eine Mörderbande", sagte Woelki. Gegen sie müsse daher mit den Mitteln der Terrorismusbekämpfung vorgegangen werden.
Der Kölner Erzbischof sprach sich außerdem dafür aus, zwischen Islam und Islamismus zu differenzieren. Dem Islamismus dürfe in Deutschland kein Raum gegeben werden. Der Islam habe dagegen eine "ganz große Kultur" und könne "als Religion für unsere Gesellschaft auch eine Bereicherung sein". Auf der Basis des Grundgesetzes "müsste eigentlich ein friedliches Miteinander in einer solchen multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft, zu der wir uns wahrscheinlich entwickeln werden, möglich sein".
Woelki: "Wir kämpfen für ein Asylrecht der Kirchen"
Auch deshalb kann Woelki die Kritik an der Aufnahme von Flüchtlingen nicht nachvollziehen. "Wir haben gerade in der gegenwärtigen Situation in Deutschland auch als Kirche deutlich signalisiert, dass wir nicht alles mitmachen können", sagt er. "Wir sind in Bezug auf Flüchtlinge gegen Obergrenzen, kämpfen für ein Asylrecht der Kirchen und wollen, dass das Asylrecht als individuelles Recht erhalten bleibt." Es gehe um einen spezifisch christlichen Beitrag zur humanen Entwicklung der Gesellschaft, fügte Woelki hinzu. Wohl und Würde der Menschen hätten dabei "Priorität gegenüber jedweder Ideologie".
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Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.Niemand müsse "Angst vor denen haben, die zu uns kommen, um in Sicherheit zu leben", sagte der Kardinal. Die Gesellschaft werde sich verändern, aber in der Zuwanderung steckten auch Chancen. Woelki rief die EU-Mitgliedsländer auf, sich an die große abendländisch-christliche Tradition Europas zu erinnern. Es sei nicht möglich, nur die schönen Seiten Europas anzunehmen und nur ökonomische Vorteile für sich zu reklamieren. Das mit Europa verbundene Werte- und Menschenbild müsse von allen Staaten eingelöst werden.
Daher sei "nicht akzeptabel, dass Menschen, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind und lange Wege hinter sich gebracht haben, an Zäunen abgewiesen, mit Stöcken empfangen werden oder im Mittelmeer ertrinken", betonte der Kölner Erzbischof. Wenn eine irakische Familie bei der Überfahrt übers Mittelmeer all ihre sieben Kinder mit einem Schlag verliere, sei das für ein Europa der Menschenrechte "skandalös".
Woelki verwundert über Haltung der polnischen Regierung
Die Haltung der polnischen Regierung, unter Hinweis auf die christliche Tradition des Landes keine muslimischen Einwanderer zu akzeptieren, kann Woelki nach eigenen Worten "nicht nachvollziehen". Das Christentum sehe in jedem Menschen unabhängig von dessen Hautfarbe, Religion und sozialem Stand Gottes Ebenbild. "Jedes Land, das sich als christlich bezeichnet, hat die Pflicht, dem Menschen zu helfen", sagte er.
Woelki äußerte sich eggenüber dem "Focus" auch über einen christlichen "Exportschlager": das Weihnachtsfest. "Selbst in Dubai stehen ja Weihnachtsbäume", sagte Wolki. Dies liege daran, dass das Fest "Antworten auf die Sehnsüchte und Hoffnungen der Menschen" biete. Gott habe mit seiner Menschwerdung vorgemacht, wie die Welt menschlicher gemacht werden könne. Wenn Weihnachten nicht von den Stilisierungen der Werbeindustrie überlagert und alles auf "Glühwein, Weihnachtsbäume, Sterne und Engelein reduziert" werde, könne sich etwas von dieser christlichen Botschaft zeigen. (bod/KNA)