Mit der Unterstützung einer Königin
Doch die Abschiebung von demenziell erkrankten Menschen ins Heim ist gerade nicht das Ziel. Vielmehr geht es darum, einen qualifizierten und respektvollen Umgang mit den Betroffenen zu finden - von den Angehörigen über die Betreuer bis hin zum medizinischen Personal.
In dem skandinavischen Land ist es längst üblich, dass Haus- und Klinikärzte sowie Krankenpfleger in dieser Hinsicht eigens geschult werden. Sogar "Silvia-Schwestern" gibt es mittlerweile, mit einer spezifischen dreijährigen Zusatzausbildung. Die Lebensqualität des erkrankten Menschen steht bei dieser Philosophie an erster Stelle.
Der erste Tagestreff wurde in Bottrop eröffnet
Als die deutschen Malteser davon hörten, waren sie angetan. Es passte zu ihrem Leitbild, jeden Menschen mit Würde anzunehmen. Auch Verantwortliche von Silviahemmet sahen dies so und übertrugen dem Orden die Lizenz, mit dieser Methode zu arbeiten. Vor allem im Westen der Bundesrepublik gibt es seither entsprechende Einrichtungen. Der erste Tagestreff wurde im Ruhrgebiet in Bottrop eröffnet.
Sabine Rube las davon in ihrem Urlaub im Juli 2012 in der Hauszeitschrift der Malteser, für die die gelernte Krankenschwester und Sozialbetriebswirtin in München arbeitet. Als dann noch ihr Mann, ein Hausarzt, meinte: "Typisch, die haben so was da oben, aber wir in München nicht", war der Anfang gemacht. Im Dezember 2013 eröffnete im Münchner Stadtteil Berg am Laim eine nach diesen Grundsätzen arbeitende Malteser-Tagesstätte. Am Freitag freut sich die Einrichtung auf königlichen Besuch aus Stockholm.
Rube hatte sich neben ihrem Job in Schweden schulen lassen, um künftig selber Kräfte ausbilden zu dürfen. Vor allem aber war es ihr gelungen, eine Wohnung für diesen Zweck zu finden. Zur Entlastung pflegender Angehöriger nehmen sich dort unter der Woche täglich von 9 bis 15 Uhr jeweils zwei haupt- und zwei ehrenamtliche Mitarbeiter demenziell erkrankter Menschen an. Diese sind für sie nach Silviahemmet keine Patienten, sondern "Gäste".
"Der Augenblick zählt", sagt Rube. So beginnt der Tag immer mit einem gemeinsamen Frühstück. Schon da werde deutlich, wer heute schlecht drauf sei oder ein besonderes Anliegen habe. "Die Erkrankten lehren uns, das Krankenbild zu verstehen." Für die Betreuer gelte es herauszufinden, ob ein Gast aggressiv sei, weil er nicht gut geschlafen habe, oder weil er gerade jetzt vergessen habe, wie mit Gabel und Messer gegessen wird. Die Tagesstätte sei für Leute, die noch keine Pflegestufe haben. "Zu uns kommen jene, die zum Weglaufen neigen oder in der Küche die Herdplatten anstellen und es dann vergessen", macht es Rube anschaulich.
Keine einfache Beschäftigungstherapie
Bewusst wird auf Neigungen und Fähigkeiten der Gäste eingegangen und nicht zur generellen Beschäftigungstherapie verpflichtet. "Derzeit liest einer gerne morgens laut aus der Zeitung vor", erzählt Rube. Wenn eine Gruppe lieber singen möchte, kann sie sich in einen anderen Raum zurückziehen. Kuchenbacken sei sehr beliebt, oder gemeinsam Gemüse fürs Mittagessen schnippeln. Auch das Tischdecken für zwölf Personen machen die Gäste selbst. Jüngst hätten die Betreuer mit einer Kamera mitgefilmt. "Manche Angehörigen waren überrascht, was ihre Leute noch alles können", so Rube.
Seit 1. Juli 2014 arbeitet Rube hauptamtlich als Referentin für Demenzarbeit. Der nächste Tagestreff soll in Solln entstehen. In drei Jahren hofft sie, in allen 16 Dienststellen der Malteser in der Erzdiözese München und Freising weitere etabliert zu haben. Vor allem aber ist ihr wichtig, diese Kranken in der Gesellschaft zu integrieren. Hunderte Arten von Demenz gibt es; treffen kann es jeden, nicht nur alte Menschen. Einer ihrer Gäste ist gerade Anfang 50.