Neue Debatte über Werbeverbot für Abtreibung
Zwei aktuelle Vorstöße von SPD und Grünen zur Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen sorgen für neue Debatten. Laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Samstag sind auch Politiker von FDP und Union bereit, über mögliche Änderungen des Paragrafen 219a zu sprechen. Anders als SPD, Grüne und Linke seien sie aber weiter dagegen, den Paragrafen ganz zu streichen. Dieser verbietet das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen in "grob anstößiger Weise" oder um daraus einen "Vermögensvorteil" zu erzielen.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte sich am Freitag hinter den Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion, der parteiübergreifend für eine ersatzlose Streichung des Paragrafen wirbt. Dieser sei ein Relikt aus der NS-Zeit, so Maas. Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) kündigte im "Spiegel" eine Bundesratsinitiative zur Streichung des Paragrafen an. Sie soll Anfang des Jahres in die Länderkammer eingebracht werden.
FDP und CDU gegen Streichung
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae schlug im Gespräch mit dem RND eine "moderate Änderung" vor. Auch CDU-Rechtspolitikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker wäre eine Überarbeitung des Gesetzestextes lieber als dessen Streichung: "Eine Aufhebung des Werbeverbots kommt für uns nicht infrage." Es könne "höchstens um eine klarere Abgrenzung zwischen Werbung und Information" gehen.
Angestoßen wurde die Debatte durch eine Entscheidung des Amtsgerichts Gießen. In der vergangenen Woche verurteilten die Richter eine Ärztin wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe von rund 6.000 Euro. Die Ärztin kündigte an, in Berufung zu gehen.
Linktipp: Ärztin wegen Werbung für Abtreibung verurteilt
Das Amtsgericht Gießen hat eine Ärztin wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe verurteilt. Die will dagegen vorgehen - notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht. (Meldung vom 24.11.2017)Vertreter von SPD, FDP, Grünen und Linken hatten das Urteil kritisiert und gefordert, Ärzte müssten auch über ihr Leistungsangebot zu Abtreibungen informieren dürfen. Unions-Politiker betonten dagegen, das Werbeverbot solle Geschäftsmodelle mit Abtreibungen verhindern. Bei einer Abschaffung des Werbeverbots könnten Abtreibungen verharmlost werden. Die Linken-Fraktion hatte bereits vor dem Prozess einen Gesetzentwurf zur Streichung des Paragrafen 219a vorgelegt, zeigte sich aber laut "tageszeitung" bereit, diesen für einen interfraktionellen Antrag zurückzuziehen.
Die Deutsche Bischofskonferenz erklärte nach dem Urteil, die Kirche setze sich für einen umfassenden Lebensschutz ein. Das Verbot der Werbung für Abtreibung sei daher "folgerichtig". Der Bundesverband Lebensrecht wertete den Richterspruch positiv. Abtreibungen seien keine als normal anzusehenden, kommerzialisierbaren "gesundheitlichen Dienstleistungen".
Die Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) wies Vergleiche mit der NS-Zeit im Zusammenhang mit Paragraf 219a zurück. Der deutsche Rechtsstaat basiere auf dem Grundsatz der Menschenwürde und sei zum Schutz jedes Menschen verpflichtet: "Dieser Ansatz kann nur dazu führen, dass Werbung für Handlungen, die Menschen schaden, verboten sein muss." (KNA)