Zwei unterschiedliche Frauen - zwei unterschiedliche Interviews

Novizin fragt Managerin

Veröffentlicht am 08.02.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Menschen

Bonn ‐ Zwei Frauen einer Generation – zwei Lebensläufe, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Lisa Zoth ist Mitbegründerin der erfolgreichen Berliner Agentur für Innovationsentwicklung Dark Horse. Anglizismen gehören zu ihrem Alltag, wie das Sammeln von Bonusmeilen. Wie anders doch dagegen das Leben von Angelika Zeman, seit September Novizin im Kloster Sießen, das mehr als beschaulich im ländlichen Oberschwaben liegt.

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Katholisch.de hat die Frauen zusammengebracht, die sich andernfalls wohl nie kennengelernt hätten und beide haben der jeweils anderen sieben Fragen gestellt. Sehr persönliche Fragen über ihr Leben, ihre Motivation und ihren Glauben. Beide haben geantwortet: Mal begeistert, mal nachdenklich, aber vor allem offen und ehrlich.

Im ersten Teil befragt Novizin Angela Zeman die Managerin Lisa Zoth.

Frage: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben und gibt es etwas, das Sie vermissen oder gerne ändern würden?

Lisa Zoth: Mir gefällt mein Leben im Moment sehr gut, ich bin privat glücklich, habe gute Freunde und Familie um mich herum, lebe in einer Stadt, die mich gesellschaftlich, politisch und kulturell reizt und interessiert. Zudem macht mir auch meine Arbeit Spaß, ich habe mit 29 anderen Freunden eine Innovationsagentur gegründet. Wir entwickeln bedürfnisgerechte Produkte und Dienstleistungen für ganz unterschiedliche Bereiche, wie Gesundheit, Logistik und Mobilität. Dabei funktionieren wir als Organisation ganz ohne Hierarchien; jeder ist gleichberechtigter Entscheidungsträger und Mitgestalter. So kann ich Sinnvolles für andere auf für mich sinnvolle Art und Weise tun. Das erfüllt mich. Wenn Sie fragen, was ich vermisse, fällt mir die Natur ein. Die könnte ich hin und wieder besuchen. Im Wald spazieren gehen. Berlin ist dafür sehr groß, man braucht eine Weile bis man wirklich draußen ist.

Die Skyline von Berlin, links der Reichstag, rechts der Fernsehtumr, im Vordergrund die Spree.
Bild: ©Marco2811/Fotolia.com

Die Berliner Skyline.

Frage: In welchen Momenten kollidiert Ihre Arbeit mit Ihrem Privatleben?

Zoth: Wenn ich weit für einen Auftrag anreisen muss oder mehrtägige Geschäftsreisen unternehme, dann ist das auf der einen Seite spannend, auf der anderen Seite geht damit natürlich auch ein Stück alltäglicher Rhythmus verloren und renkt sich nicht immer gleich wieder ein. Es gibt die Auffassung, dass privat und beruflich gar nicht mehr getrennt sei in der schönen neuen Arbeitswelt. Ich denke, dass ich dennoch private und berufliche Tätigkeiten gut auseinanderhalten kann.

Frage: Möchten Sie einmal Kinder haben und wie beeinflusst die Karriere Ihren Wunsch?

Zoth: Unbedingt - gerne bald und gerne viele. Meine Karriere würde ich nicht unbedingt als solche bezeichnen. Es haben sich die Dinge immer so ergeben, ich habe nicht sonderlich viel geplant – eher ausprobiert und dann geguckt, was der nächste Schritt ist. Ich denke und wünsche mir, dass sich das so weiterentwickelt. Viele Dinge entstehen ja erst, wenn man offen dafür bleibt. So bleibt es abwechslungsreich und spannend. Ich bin da ganz zuversichtlich.

Frage: Was treibt Sie an und was gibt Ihnen Kraft im Alltag?

Zoth: Das Zusammenspiel aus einem guten privaten Umfeld, in dem ich geborgen bin und einem professionellen Umfeld, das mich fordert, aber auch unterstützt. Der Wunsch, mit guten Leuten gemeinsam Dinge zu verändern, Neues zu erfahren und zu lernen. Die Arbeitswelt oder andere festgewachsene Denk- und Verhaltensstrukturen aufzubrechen. Spüren, dass man was bewegen kann, wenn man sich zusammentut. Das ist mein Antrieb.

Frage: Welche Rolle spielt der Glaube in Ihrem Leben?

Zoth: Puh, da fragen Sie mich was! Das mit dem Glauben ist so eine Sache. Wir haben ein nicht ganz geklärtes Verhältnis zueinander. Zumindest beobachte ich, dass ich in Zeiten, in denen es mir nicht so gut geht, immer eher darauf zurückkomme. Das ist quasi eine situative Bedürfniserfüllung. Mit wem oder was ich es dabei zu tun habe, ist aber auch wandelbar.

Frage: Was wäre als Unternehmensberaterin Ihr wichtigster Rat für die katholische Kirche?

Zoth: In unserer Agentur versuchen wir immer die Welt aus der Perspektive des Menschen (im Service-Design sprechen wir immer von Nutzern) zu verstehen und nachzuempfinden. Diese "Human-Centeredness" ist doch auch eine der obersten Prämissen der Kirche. Mich beschleicht allerdings manchmal das Gefühl, dass das Verständnis und die Empathie für die derzeitigen gesellschaftlichen Realitäten in der katholischen Kirche nicht immer an erster Stelle stehen. Viele erprobte Denkmuster und Strukturen mögen ihr Gutes haben, aber ein Festhalten, ohne mit dem Wandel umgehen zu lernen, ist in meinen Augen der falsche Ansatz. Ein Anerkennen von aktuellen gesellschaftlichen Realitäten und Bedürfnissen, um daraufhin passende Antworten zu finden, das wäre mein Rat an die katholische Kirche. Außerdem habe ich den Eindruck, dass durch die strikten hierarchischen Strukturen in der Kirche viel Potential verlorengeht. Deshalb wäre mein zweiter Rat, mehr Mut zur Zusammenarbeit und zu flacheren Hierarchien.

Frage: Welche fünf Dinge möchten Sie in Ihrem Leben unbedingt noch erreichen oder ausprobieren?

Zoth: Ein Gemüsebeet bestellen, mit dem Auto nach Usbekistan fahren, wieder mal nach Bolivien reisen. Cello spielen lernen. Die Erde aus dem All betrachten - das wäre auch noch so etwas. Da muss ich mich noch mal näher mit dem Astronauten Alexander Gerst unterhalten. Für das Erste tut es vielleicht auch ein Paragliding-Flug.

Zur Person

Lisa Zoth ist 32 Jahre alt und lebt mit ihrem Freund in Berlin. Nach dem Studium der Politikwissenschaft, der Theaterwissenschaft und der Ethnologie in München, Granada und Berlin erwarb sie eine Zusatzqualifikation in Design Thinking in Potsdam und gründete mit ihrem Studiengang die Innovationsagentur Dark Horse Innovation Berlin.