Christenverfolgung hat deutlich zugenommen
Sorgen bereitet ihm demnach besonders der Exodus der Christen aus Syrien und dem Irak, wo vor allem die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) die Existenz der Glaubensgemeinschaften bedroht. Dort, wo Christen vertrieben werden, gehe "eine Epoche zu Ende", so Müller. So gebe es in der vom IS beherrschten irakischen Stadt Mossul erstmals seit 1.600 Jahren keinen christlichen Gottesdienst mehr. Auch die Wochenzeitung "Die Zeit" (Mittwoch) widmete dem Thema Christenverfolgung weltweit einen Themenschwerpunkt in ihrer Weihnachtsausgabe.
Missio: Kein Weihnachten in Somalia
Als krasses Beispiel nennt das katholische Hilfswerk missio das muslimische Somalia: Die Regierung hat das Weihnachtsfest verboten und die Sicherheitskräfte angewiesen, Weihnachtsfeiern im ganzen Land zu unterbinden. Der Minister für religiöse Angelegenheiten, Sheikh Mohamed Kheyroow, sagte am Mittwoch dem Staatssender Radio Mogadishu: "Wir sind ein muslimisches Land. Und es gibt null Toleranz für solche unislamischen Feiern in unserem Land."
Im Irak ist laut Open Doors die Anzahl der Christen von 1,1 Millionen beim Einmarsch der USA 2003 auf heute unter 300.000 gesunken. In Syrien sei sie von 1,7 Millionen vor dem Beginn des Aufstands gegen Präsident Baschar al-Assad und dem folgenden Bürgerkrieg auf heute deutlich unter einer Million gefallen; darunter seien allerdings viele Binnenflüchtlinge.
Nordkorea an der Spitze des "Weltverfolgungsindex"
Bekannt ist die evangelikale Organisation Open Doors für die Herausgabe eines jährlichen "Weltverfolgungsindex", der seit 1993 jene 50 Länder auflistet, in denen Christen am meisten verfolgt werden. An der Spitze des Index steht seit vielen Jahren Nordkorea. Die Rangliste von "Open Doors" ist jedoch nicht unumstritten. Die beiden großen Kirchen in Deutschland bezeichnen die Zahl von 100 Millionen verfolgter Christen weltweit als unseriös, weil nicht belegbar und von den Kriterien her ungenau.
Themenseite: Christenverfolgung
Christen gelten weltweit als eine der am stärksten verfolgte religiöse Gruppe weltweit. Oft haben sie unter Repressalien zu leiden. Katholisch.de informiert über alles Wichtige zum Thema.Menschenrechtsexperten kritisieren unter anderem, dass Christen pauschal die Opfer- und vor allem Muslimen die Täterrolle zugeschrieben werde. Zudem würden sehr unterschiedliche Tatbestände wie rechtliche Diskriminierung, Benachteiligung im Alltag oder terroristische Gewalt pauschal unter dem Begriff Verfolgung zusammengefasst.
Zwei Trends für 2015 ausgemacht
Open Doors macht laut der Zeitung für 2015 zwei Trends aus. Einerseits schlössen sich immer mehr Islamisten-Gruppen weltweit dem IS an; dadurch werde dessen Ideologie in andere Teile der Welt getragen, vor allem nach Afrika. Andererseits steige die Gewalt gegen Christen auch in manchen nicht-muslimischen Ländern. "Es gab in diesem Jahr buddhistische Mobs gegen Christen in Sri Lanka, ebenso in Myanmar", sagte Müller. In Indien mache die hindu-nationalistische Regierung Stimmung gegen Muslime und Christen.
Das Hilfswerk fordert die Politik auf, dass verfolgte Christen weltweit umgehend unterstützt werden, bevor sie, wie es in manchen Ländern drohe, "als wichtige Stimme der Versöhnung, aber auch als Glaubensgemeinschaft vertrieben und ausgelöscht werden". Diese Unterstützung sei bislang "nicht annähernd in dem Umfang geschehen, wie es nötig ist". Obwohl EU-Parlament und Bundesregierung darüber sprächen, fehle es an wirksamen Maßnahmen, so Müller.
Das Christentum sei die am meisten verfolgte Religion, beklagt der Präsident von missio München, Wolfgang Huber. Vor allem in Ländern, in denen Christen stark in der Minderheit sind, habe sich die Lage verschärft. In Pakistan komme es etwa immer wieder zu Angriffen. "Wir leben in einem Zustand des ständigen Fürchtens, weil wir nicht wissen, wo Extremisten möglicherweise einen Anschlag planen", sagte der Vorsitzende der Pakistanischen Bischofskonferenz und missio-Projektpartner, Erzbischof Joseph Coutts.
Auch US-Präsident Obama thematisiert die Verfolgung
Auch in Indien, in afrikanischen Ländern wie Kenia, dem Südsudan sowie in Ägypten gebe es Diskriminierungen. Wichtig für ein friedliches Zusammenleben sei der interreligiöse Dialog vor Ort, betonte das Missionswerk.
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US-Präsident Barack Obama machte in seiner Botschaft zum Heiligabend Christenverfolgung zum Thema: "In einigen Gegenden des Nahen Ostens bleiben dieses Jahr Kirchenglocken stumm, die seit Jahrhunderten zu Weihnachten geläutet haben. Ihr Schweigen ist ein trauriges Zeugnis der brutalen Gräueltaten des 'IS'." (fxn/KNA/dpa)
24. 12. 2015, 10.40 Uhr: Ergänzt um missio und Obama.