Flüchtlingskrise sorgt für steigende Zahl von Konvertiten

Österreich: Hunderte Muslime werden Christen

Veröffentlicht am 15.01.2018 um 11:45 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Wien ‐ Alexandra aus dem Iran hat sich 2017 taufen lassen - so wie rund 750 weitere Erwachsene in Österreich. Die meisten waren Muslime. Dass es dabei um Asyl ginge, sei ein Vorurteil, sagt die Kirche.

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Die Flüchtlingskrise hat der katholischen Kirche in Österreich eine Rekordzahl an Menschen beschert, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind. 2017 habe es rund 750 Erwachsenentaufen gegeben, etwa 75 Prozent davon seien Konvertiten mit muslimischem Hintergrund, sagte ein Sprecher der Erzdiözese Wien der Deutschen Presse-Agentur. Allein in Wien haben sich 260 Menschen aus 15 Nationen taufen lassen.

Dass sich Asylbewerber taufen ließen, um ihre Chancen auf Asyl zu verbessern, sei jedoch ein Vorurteil, meint Friederike Dostal, die für Erwachsenentaufen in der Erzdiözese Wien zuständig ist. Denn der Weg zur Taufe ist durchaus steinig. "Da die katholische Kirche in Österreich keine Scheinchristen will, ist sie sehr streng bei der Auswahl der Bewerber und der Zulassung zur Taufe." Die Taufvorbereitung dauere mindestens ein Jahr und schließe eine regelmäßige Teilnahme an Glaubensunterricht und Gottesdienst, einen christlichen Lebenswandel und ehrenamtliches Engagement ein.

Aus dem Iran nach Österreich - und zum Christentum

Diesen Weg hat die 42-jährige Alexandra aus dem Iran hinter sich, die nach eigenen Worten im Herbst 2015 nach Österreich gekommen ist. Sie habe sich schon in Teheran als 23-Jährige zum Unwillen ihrer Eltern vom Koran gelöst und die Bibel als Richtschnur ihres Lebens entdeckt, erzählt sie. "Ich war ein guter Moslem und habe viel gebetet. Ich hatte aber auch viel Angst vor Gott." Als sie die Bibel gelesen habe, sei sie sofort fasziniert gewesen. "Ich habe sie zwölf mal hintereinander gelesen - ohne einen Tag Pause."

Muslime seien vertraut mit Jesus, Maria und Moses, da diese im Koran auch eine wichtige Rolle spielten, so die Iranerin. Es sei auch nicht schwer, in der Islamischen Republik eine Bibel zu bekommen. Die christliche Minderheit der Armenier habe sogar eigene Kirchen. Allerdings sei es äußerst gefährlich, den muslimischen Glauben aufgeben zu wollen. Es drohten Gefängnis und Todesstrafe.

Flüchtlinge warten am Bahnhof Salzburg auf ihre Weiterreise.
Bild: ©Caritas Österreich

Flüchtlinge am Bahnhof Salzburg: Österreich ist seit 2015 wie Deutschland eines ihrer Hauptzielländer.

"Mein Vater hat lange nicht mit mir gesprochen", sagt die Frau, die seit Ostern 2017 auf den Namen Alexandra getauft ist. Ihren persischen Namen will sie mit Rücksicht auf die Sicherheit ihrer Familie nicht nennen. Als sie ihr Interesse für das Christentum immer mehr in Bedrängnis brachte, sei sie geflüchtet - in einem Lastwagen durch die Türkei bis Österreich.

In ihrem Sprachkurs hat die zierliche Frau, die in ihrer Heimat als Englischlehrerin gearbeitet hat, binnen neun Monaten fast fließend Deutsch gelernt. Vor wenigen Monaten wurde ihr Asylbegehren anerkannt. Sie will sich bald als Friseurin selbstständig machen. Die aktuellen Unruhen im Iran und die Forderungen nach mehr politischer Freiheit verfolgt die 42-Jährige mit großen Hoffnungen. "Was es jetzt dort gibt, ist nicht der richtige Islam", meint sie. Sollten sich die Verhältnisse tatsächlich einmal ändern, würde sie gern zurückkehren. "Ich vermisse meine Heimat."

Österreich ist wie Deutschland seit 2015 eines der Hauptzielländer von Flüchtlingen. Als abschreckende Maßnahme hat die Alpenrepublik eine Obergrenze für Asylverfahren eingeführt. 2017 lag sie bei 35.000, wurde mit rund 20.000 zugelassenen Verfahren aber deutlich unterschritten. Die öffentliche Debatte in Österreich ist stark vom angeblichen Asylmissbrauch geprägt. "Es ist gut, dass solche konkreten Schicksale uns immer wieder an die ganz anderen Fluchtgründe erinnern", heißt es aus der Erzdiözese Wien mit Blick auf Alexandra.

Deutsche Bischofskonferenz verfügt nicht über entsprechende Zahlen

Die Deutsche Bischofskonferenz verfügt über keine Angaben zur Zahl muslimischer Konvertiten in Deutschland, "denn in unserer Statistik weisen wir die verschiedenen Religionsgemeinschaften oder Asylbewerber nicht gesondert aus", heißt es seitens der Pressestelle. Eine Schätzung sei auch nicht möglich. Allerdings hatten auch die deutschen Bischöfe betont, nicht leichtfertig mit Taufen umzugehen. "Es braucht einen monatelangen Prozess der Vorbereitung und der Prüfung, bevor jemand getauft und in die Kirche aufgenommen wird", sagte Sprecher Matthias Kopp im vergangenen Sommer.

Kopp verwies in diesem Zusammenhang auch auf eine bereits 2009 veröffentlichte und 2016 aktualisierte Arbeitshilfe der Bischofskonferenz unter dem Titel "Christus aus Liebe verkündigen". Zur Begleitung von Taufbewerbern mit muslimischem Hintergrund". Darin würden Priester und Gemeinden explizit über die rechtlichen Auswirkungen der Taufe und insbesondere über die Auswirkungen auf das Asylverfahren informiert. (bod/dpa)