"Petrus hätte gut bei uns anfangen können"
Frage: Herr Malburg, nehmen Sie jeden Kandidaten an, der zu Ihnen kommt und Priester werden will?
Malburg: Zunächst kann man sich bei uns nicht direkt anmelden, wenn man Priester werden möchte. Wenn bei uns eine Anfrage eingeht, freuen wir uns zwar, verweisen aber immer auf das jeweilige diözesane Priesterseminar, das für den Bewerber zuständig ist. Dort findet dann auch eine erste Auswahl durch den Regens statt. Wir schauen erst, wenn der Kandidat zu uns kommt, ob er für die spezielle Ausbildungssituation hier in Lantershofen geeignet ist. Wir sind ein Haus für Spätberufene, das heißt der Kandidat muss mindestens 25 Jahre alt sein, über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen und eine gewisse menschliche Reife mitbringen. Wenn der Kandidat dann noch die notwenige Offenheit hat, sich hier theologisch und menschlich weiterzubilden und auch geistlich zu reifen, dann sagen wir: "Ja, du darfst hier beginnen."
Frage: Kommt es auch vor, dass Sie Kandidaten abweisen müssen?
Malburg: Das kommt immer mal wieder vor. Jetzt bin ich zwar erst seit einem halben Jahr hier, aber zweimal gab es schon den Fall. Wenn der Kandidat nicht in der Lage ist, den theologischen Studien intellektuell und sprachlich zu folgen oder wenn wir feststellen, dass er in seiner frommen Welt so verhaftet ist, dass es überhaupt kein Entwicklungspotential mehr gibt, dann greifen wir ein.
Frage: Wie bildet man Spätberufene zu guten Priestern aus?
Malburg: Ich glaube es geht hier nicht nur um die Vermittlung theologischer Inhalte, sondern darum, den Kandidaten ein gutes Fundament für ihr geistliches Leben mitzugeben. Dieses Fundament sollte in erster Linie in der Christusnachfolge bestehen, in einer tiefen Freundschaft zu Jesus Christus. Auch eine gute Marienfrömmigkeit ist für ein geistliches Leben hilfreich. Wir wollen den Kandidaten helfen, für sich selbst ein geistliches Leben aufzubauen und immer mehr hineinzuwachsen in eine priesterliche Spiritualität. Ich kann nicht voraussagen, wie es in fünf Jahren oder in 20 Jahren mit dem priesterlichen Dienst weitergehen wird. Wir sind in Deutschland in so einer Umbruchssituation was die Sozialgestalt der Kirche anbelangt, dass niemand genau weiß, wie die Zukunft des Priesterberufes aussehen wird. Daher glaube ich, braucht es ein festes geistliches Fundament und eine große Offenheit, sich auf Neues einzulassen. Es ist wichtig, die Herausforderungen anzunehmen, in die Gott uns hineinstellt und nicht an der Welt zu verzweifeln.
Frage: Und was ist, wenn einer der Kandidaten während der Ausbildung den Weg abbrechen will?
Malburg: Wir sind ein Ausbildungsteam, das helfen will, Berufungen zu klären. Natürlich geschieht das nicht im luftleeren Raum, sondern wir wollen, dass die Leute sich hier für den Priesterberuf entscheiden. Nun kann es aber auf diesem Weg die Entscheidung geben, dass der Kandidat erkennt oder auch wir erkennen, der ist jetzt nicht dazu bestimmt, diesen Weg zu gehen. Das ist durchaus legitim, auch wenn jemand sagt, ich habe Gründe, dass ich diesen Weg jetzt nicht bis zur Priesterweihe weitergehen will. Und wenn sich jemand dazu entscheidet, wieder in seinen alten Beruf zurückzugehen oder sich nach Beendigung des Ausbildungsweges in einem anderen kirchlichen Beruf orientieren möchte, kann das auch ein Ziel der Ausbildung sein. Dazu braucht es eine Offenheit, die man mitbringen muss, denn sonst kann ich den ja nicht mehr ausbilden, wenn einer schon fix weiß, wie sein Leben aussehen soll. Natürlich schmerzt es in der Hausgemeinschaft immer sehr, wenn einer geht. Ich würde auch nie sagen, dass das Gescheiterte sind, sondern das sind Menschen, die für sich hoffentlich eine Lebensentscheidung getroffen haben und denen gebührt genauso meine Hochachtung wie denen, die sagen, ich werde Priester.
Frage: Woran merken Sie, dass jemand ein guter Priester ist?
Malburg: Ein guter Priester ist einer, bei dem das menschliche Paket stimmt. Ich glaube, dass das auch die Basis für eine gute Berufung ist. Wenn einer menschliche Qualitäten mitbringt, also jemand ist, auf den man sich 100-prozentig verlassen kann, wenn er Eifer zeigt und gut auf andere Menschen zugehen kann und wenn er sich für die Gemeinschaft einsetzt, andere begeistern kann und sich noch weiter entwickeln möchte, dann ist er auf einem guten Weg. Das zweite Kriterium ist das geistliche Fundament, auf das jemand aufbaut. Wenn ich das Gefühl habe, der müht sich um das Gebet, der sucht Gott in der Stille und im Gottesdienst, dann freue ich mich an seiner Berufung mit.
Frage: Was wäre ein Erfolg für Sie hier in Ihrer Amtszeit?
Malburg: Ein großer Erfolg für mich wäre es, wenn gesagt wird: "Diese Kandidaten aus Lantershofen sind Priester, mit denen man in unserem Bistum und in unseren Kirchengemeinden etwas anfangen kann, denn das sind wirklich gereifte und gestandene Persönlichkeiten." So ein Zeugnis würde mich freuen. Ein Erfolg wäre auch, wenn das Haus seinen Bestand halten könnte oder sogar noch vergrößern könnte. Wir haben zurzeit 40 Studenten, aber wir könnten 70 aufnehmen. Aber das liegt in Gottes Hand, das kann man nicht so steuern. Natürlich haben wir das auch im Blick, wenn die Zahlen der Priesteramtskandidaten weiter runter gehen sollten, dann müssten wir uns neue Ausbildungsmodelle überlegen. Nach Lantershofen kommen die mit den nicht so glatten Biografien.
Frage: Jesus liebte Menschen mit Brüchen...
Malburg: Ja, Jesus hat Menschen mit Brüchen in den Biografien zu seinen Aposteln und Jüngern berufen. Wenn man in der Bibel nachliest stellt man fest, nur wenige Apostel hatten eine glatte Biografie. Also Petrus hätte gut bei uns anfangen können, der war hoffentlich über 25 Jahre alt, hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung als Fischer und bestimmt Brüche in seinem Leben erfahren. Ich stelle fest, mit unseren Aufnahmekriterien sind wir gar nicht so weit weg vom Evangelium.