Pforte und Herzen sind geöffnet

Veröffentlicht am 06.01.2015 um 23:59 Uhr – Lesedauer: 
Dossier: Ostern

Die Hinweistafel auf der Autobahn A 60 nahe Landscheid weist den Weg: Abtei Himmerod. Doch die Anfahrt ist geheimnisvoll verborgen. Noch einige Kurven und Hügel müssen überwunden und Täler durchschritten werden, bis es endlich so weit ist: Es geht ins sanfte, weit geschwungene Tal der Zisterziensermönche. Ein Besuch in der Abtei zeigt das Besondere am Osterfest in einem Kloster.

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Vieles schwingt mit, wenn der Besucher in der Karwoche das Eifelkloster Himmerod betritt. Himmerod ist ein Kloster mit großer Geschichte. Durch ein mittelalterliches Portal mit großen Flügeltoren aus Holz geht es in den geschützten Abteihof. Das Tor steht immer offen: "Porta patet, cor magis" - Die Pforte geöffnet, das Herz noch viel mehr. Willkommen im Schutzwall für Seelen.

Nachhaltige Konzepte

Himmerod ist ein typisches Zisterzienserkloster. Die Zisterzienser waren die ersten Global Player des Mittelalters. Sie gelten als die Baumeister Europas.

Das alles ist in den Mauern der abgelegenen Abtei noch heute spürbar. 2008 konnte ein hochmodernes Biomasse-Heizwerk auf dem Gelände des Klosters installiert werden. Mitfinanziert wurde es in einer bistumsweiten Spendenkampagne, die auch von der rheinland-pfälzischen Umweltministerin gelobt wurde. Die Zisterzienser als Vorreiter nachhaltiger Energiekonzepte.

Der Zisterzienserorden

Die Zisterzienser sind ein kontemplativer Mönchsorden, der aus den Benediktinern hervorgegangen ist. Zur Familie der Zisterzienser gehört auch der Orden der Zisterzienser von der strengeren Observanz (Trappisten), der sich im 19. Jahrhundert aus dem allgemeinen Ordensverbund herausgelöst hat. Heute gibt es weltweit rund 2.300 Zisterzienserinnen und Zisterzienser in 159 Klöstern.

Mitleben in der Gemeinschaft

Im Abteimuseum auf dem Klostergelände informieren Schautafeln, Filme und Installationen über die Entstehung des Ordens im Allgemeinen und des Eifelklosters im Speziellen. Der Gastflügel des mächtigen quadratischen Abteigebäudes lädt zum Verweilen und zum Mitleben in der Gemeinschaft ein. In den letzten Jahren sind es immer mehr Besucher geworden. Klostereinkehr boomt.

Das zeitigt auch in der Arbeitsweise der Mönchsgemeinschaft Spuren. Derzeit leben in Himmerod zwölf Mönche. Der Jüngste ist 21, der älteste im 80. Lebensjahr. Das alte Gemäuer mit seinen dicken Wänden vermittelt Schutz und Geborgenheit. Kein Telefon, kein Fernseher, Radio oder Internet stört hier den Gast - die ideale Atmosphäre für besinnliche Tage in der Osterzeit.

Im Schutz der Dunkelheit weckt die erste Glocke zum Gotteslob. Noch fast drei Stunden bis zum Sonnenaufgang. Mit ein paar anderen Gästen geht es durch die Nacht zum Gebetsraum. Nacht und früher Morgen sind die Stunden der Schweigsamkeit. Nur der Gottesdienst darf laut in der Ruhe erklingen.

Barocke Kirche der Abtei Himmerod, rechts das Klostergebäude.
Bild: ©Daniel Leclerq/Fotolia.com

Die barocke Kirche der Abtei Himmerod, rechts das Klostergebäude.

Beten am frühen Morgen

Ein kurzes Klopfen: Der Impuls, das Chorgebet anzustimmen. Der Gast, der noch halb schlafend kurz die Lider schließt, hat bei der gleichförmigen Melodie der rezitierten Gebete Traumbilder vor Augen. Doch langsam erwachen mit den Bildern der Psalmen auch Sinne und Verstand. Der Geruch von Holz und Kerzen dringt in die Nase.

Der Wechsel von Stehen, Sitzen und Verbeugen hält den Körper in Bewegung. Der Beter spürt: Was für die Gestaltung der Landschaft zutrifft, das gilt im übertragenen Sinn auch für die Landschaft der Seele. Durch die archetypischen Bilder und die Gleichförmigkeit der Gebete wird die Seele geformt.

Die ausgestaltete Liturgie prägt speziell die drei Tage vor Ostern. Die Trauermetten morgens um halb fünf sind besonders feierlich. Qualität aber hat ihren Preis: bis sechs Uhr früh kann die Vigil dauern. Wie ein roter Faden zieht sich ein regelmäßiger Rhythmus von Gebeten durch die Stunden. Sieben Gebetszeiten gliedern den Tag.

Von der Kreuzigung bis zum Osterfrühstück

Der Gründonnerstag lebt vom Gedenken an das Abschiedsmahl Jesu und von seiner Symbolik der Fußwaschung. Im Gottesdienst vom letzten Abendmahl hat der Abt in Demutshaltung seinem Konvent die Füße zu waschen.

Der Karfreitag wird durch die Dramaturgie des berühmtesten Prozesses der Geschichte bestimmt: dem Leiden und Sterben Jesu Christi, der für die gläubigen Christen als Gottessohn am Kreuz starb. In der Passion nach dem Evangelisten Johannes wird dieser Prozess mit dem zögerlichen Pontius Pilatus und seiner menschlichen Abgründigkeit neu aufgerollt.

Nach dem eher ruhigen Karsamstag wird in der Nacht zum Sonntag in der feierlichsten Liturgie des Jahres das neue Leben mit frischem Schmuck, Osterkerze und Osterfrühstück entzündet. "Lumen Christi", das Licht Christi, das feierliche Halleluja und die festliche Stimmung der Orgel und des Weihrauchs werden in die Kirche zurückgetragen. Die Gemeinde stimmt mit Freude in den österlichen Gruß ein: "Der Herr ist auferstanden, ja er ist wahrhaft auferstanden!"

Von Markus Schüppen