Präsident: Kirche beteiligt sich an Putschversuch
Nicaraguas Präsident hat der katholischen Kirche des Landes vorgeworfen, Teil eines Staatsstreichs gegen seine Regierung zu sein. Die Bischöfe seien keine Vermittler in der politischen Krise, sondern Teil eines Putschplans, sagte Daniel Ortega am Donnerstag (Ortszeit) bei einer Feier zum 39. Jahrestag der sandinistischen Revolution vor Tausenden Anhängern in der Hauptstadt Managua. Das disqualifiziere die Geistlichen, einen nationalen Dialog zwischen der Regierung und der zivilen Opposition zu leiten.
Die Rede des Präsidenten wurde auf Anweisung der Regierung auf allen TV- und Radiosendern des mittelamerikanischen Landes übertragen. Tausende öffentlich Angestellte sollten sich in Arbeitszentren zu den offiziellen Feierakten der Regierungspartei Sandinistische Nationale Befreiungsfront versammeln. In der Hauptstadt richtete die Polizei Sicherheitszonen ein.
Kirchen wollten nur vermitteln
Ortega bezog sich auf den Vorschlag der Bischöfe und von Vertretern der Zivilgesellschaft, die eine vorgezogene Neuwahl als Lösung der innenpolitischen Krise vorschlugen. Seine sandinistischen Anhänger skandierten nach der Rede Ortegas im Beisein des Päpstlichen Nuntius Waldemar Sommertag lautstark: "Putschisten, Putschisten!"
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Erst vor wenigen Tagen war der nicaraguanische Bischof Juan Abelardo Mata in seinem Auto beschossen worden, blieb nach Angaben der Bischofskonferenz aber unverletzt. Vor gut einer Woche war Managuas Weihbischof Silivo Baez bei einer Attacke von regierungsnahen Paramilitärs in einer Kirche leicht verletzt worden. Baez teilte auf seinem Twitter-Account mit, er sei geschlagen und bedroht worden, zudem seien ihm die bischöflichen Insignien entrissen worden.
"Nicaraguas Bischöfe sind keine Terroristen, sondern Friedensaktivisten", betonte die Mittelamerika-Referentin von Adveniat, Inés Klissenbauer. Man sei "tief besorgt um unsere Partner und verurteilen die massive Gewalt, die ihnen entgegenschlägt". Die Regierung unter Präsident Ortega kriminalisiere diejenigen, die Kirchen als Schutzräume zur Verfügung stellten.
351 Tote und mehr als 2.000 Verletzte
Währenddessen warf das Nachbarland Costa Rica Ortega vor, in Nicaragua ein Massaker zu begehen. "Jeden Tag stirbt in Nicaragua ein Mensch wegen der Krise", sagte Außenministerin Epsy Campbell. Davor könne die Regierung Ortegas nicht die Augen verschließen. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind seit Mitte April mehr als 300 Menschen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen in Nicaragua ums Leben gekommen. Die Regierung spricht offiziell von rund 50 Toten.
Der Konflikt hatte sich an einer geplanten Sozialreform entfacht. Obwohl Ortega diese zurückzog, hielten die Proteste an. Regierungsnahe Schlägertrupps und die Polizei griffen die Demonstranten an. Inzwischen gab es 351 Tote und mehr als 2.000 Verletzte. Die katholische Kirche hatte einen Dialog zwischen beiden Seiten vermittelt, die Gespräche wurden jedoch zweimal abgebrochen. Ende Mai begründete die Bischofskonferenz in einer gemeinsamen Erklärung ihren Schritt damit, dass es nicht möglich gewesen sei, einen Konsens zwischen beiden Seiten zu erreichen. Schon damals wurden die Bischöfe bedroht. Auch Papst Franziskus hat bereits mehrfach zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. (bod/dpa/KNA)