Publizistin: Oster zeichnet falsches Islambild
Mit ihrem Text antwortet sie auf einen Beitrag Osters auf seinem Blog, in dem er nach dem Anschlag von Nizza Muslimen Schweigen angesichts der Gewalt im Namen ihrer Religion vorgeworfen hatte.
Topçu: Zahlreiche Stellungnahmen gegen Gewalt
Das weist Topçu, die an der Fachhochschule Darmstadt auch Dozentin im Bereich Medien ist, ausdrücklich von sich. Sie weist unter anderem auf einen gemeinsamen Brief von 120 islamischen Gelehrten "aus allen Teilen der Welt" hin, in dem sie bereits vor zwei Jahren die Ideologie des Islamischen Staates verworfen hatten. Ähnliche Stellungnahmen gebe es auch von islamischen Theologen an Deutschen Universitäten. Nach dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" hätten muslimische Verbände zudem eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor organisiert, so Topçu. Aus ihrer Sicht gibt es insgesamt sogar so viele Stellungnahmen und Aktionen von Muslimen gegen islamistischen Terror, dass sie inflationär geworden seien und daher an Wirkung einbüßten.
Linktipp: "Steht endlich auf gegen den Wahnsinn!"
Mit scharfen Worten kritisiert der Passauer Bischof Stefan Oster die Muslime: Ihm fehlt ihr Aufschrei gegen Terror im Namen des Islam. Auf seinem Blog mutmaßt er auch über die Gründe.Von Oster zeigt sich die Publizistin in "Christ&Welt" enttäuscht: "Von einem Amtsträger der katholischen Kirche darf, mit Verlaub, mehr Umsicht und mehr verantwortungsvolles Handeln erwartet werden. Mehr Umsichtigkeit im Umgang mit Fakten und mehr verantwortungsvolles Handeln im Umgang mit Worten", schreibt sie. Schließlich hätten Osters Worte als Bischof Gewicht: "Den Kommentaren zu Ihrem Text ist denn auch zu entnehmen, dass Sie viele Leser in ihrer Angst vor dem Islam bestärkt haben", schreibt Topçu. "Nicht hilfreich" sei es, wenn Oster "wider besseres Wissen" darauf hinweise, dass Christen in Unterkünften verfolgt würden. Als Beleg führt Topçu eine Stellungnahme von katholischer und evangelischer Kirche in Deutschland von Mitte Juli an, nach der es in Deutschland keine systematische Diskriminierung von Christen in Flüchtlingsunterkünften gibt.
Anders als Oster suggeriert habe, seien friedliebende Muslime zudem deutlich in der Überzahl. "Und wir machen uns sehr wohl Gedanken darüber, wie wir der Gewalt im Namen des Islam Einhalt gebieten können", schreibt Topçu. Muslimische Verbände in Deutschland riefen immer wieder dazu auf, sich "mit den zu Gewalt aufrufenden Passagen des Islams historisch-kritisch auseinanderzusetzen" und machten darauf aufmerksam, dass diese Suren "jenseits ihres Entstehungsprozesses keine Gültigkeit" hätten. Nur auf diesem Weg könne eine Radikalisierung junger Muslime vermieden werden, zeigt sich die Journalistin überzeugt.
Oster: Wann kommt der Aufschrei gegen den Wahnsinn?
Oster hatte die Muslime in seinem Text dazu aufgefordert, "endlich gemeinsam gegen diesen Wahnsinn" aufzustehen. "Wann endlich kommt der kollektive, der große gemeinsame Aufschrei aller friedliebenden und wirklich ihrem Gott ergebenen Muslime der Welt, dass sie ihren Glauben nicht länger im Namen von Terroristen missbrauchen lassen wollen?", fragt er. An einer Stelle im Blog spekuliert er auch über die Gründe des von ihm wahrgenommenen Schweigens friedlicher Muslime: "Sind sie deshalb so wenig hörbar und sichtbar, weil sie sich fürchten?" Weiter fragt er, ob die islamische Theologie eine deutlichere Reaktion "am Ende doch nicht hergibt?" (gho)