Regnende Nägel und Erdbeeren mit Honig
Für das Mädchen mit den roten Haaren, den blauen Augen und den vielen vielen Sommersprossen im Gesicht ist der Himmel jedenfalls der Ort, an dem sich seine Mutter jetzt wohl aufhält. Sie ist gerade gestorben.
Vor der Beerdigung nimmt Anna ihren Vater mit in einen Tagtraum, in dem die beiden sich den Ort vorstellen. Für die Darstellung dieser Reise, festgehalten in einem farbgewaltigen Bilderbuch, hat der norwegische Autor und Illustrator Stian Hole am Dienstag in Osnabrück den katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis verliehen bekommen. Die Jury unter Vorsitz des Trierer Weihbischofs Robert Brahm wählte das Buch aus 230 Titeln aus. "Annas Himmel" erörtere "religiöse Vorstellungen von Tod und Jenseits auf eine künstlerisch komplexe und dennoch für Kinder zugängliche Weise", lobt die Jury.
Anna sucht nach dem Himmel
Die Germanistin Heidi Lexe hob bei ihrer Laudatio hervor, das Buch verharre mit seinen Bildern nicht nur in Trauer über den Verlust eines Menschen, sondern gehe einen Schritt weiter und thematisiere den Glauben an ein ‚Danach‘. Die Illustrationen zeigten, "dass Anna nicht zum Objekt ihrer Trauer wird, sondern aktiv nach jenem Himmel sucht, in dem ihre Mutter nun ist. Sie findet damit einen Weg, dieses Stück Himmel auch auf Erden spürbar und sichtbar zu machen", hob Lexe hervor.
Stian Hole beschreibe in dem Bilderbuch den Himmel als einen Ort jenseits von Raum und Zeit, als ein biblisches Paradies, an dem "der Mensch bei Gott ist". Damit gelinge es ihm, das abstrakte ‚Jenseits‘ zu veranschaulichen, das sich die Menschen sonst nur schwer vorstellen könnten. Außerdem komme in den Bildern ein personaler Gott zum Ausdruck, der den Menschen in den Blick nimmt, so Lexe.
Für den Vorsitzenden der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, den Rottenburger Bischof Gebhard Fürst, ist es Stian Hole gelungen, "den Himmel in den buntesten Farben und kühnsten Bildern" zu malen, die Hoffnung und Trost spendeten. Den christlichen Glauben an Erlösung, Heil und Ewiges Leben sieht der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode in dem Buch angesprochen. In seinem Grußwort betont er auch den Wert des Lesens im Allgemeinen: "Jeder kennt diese wunderbare Erfahrung, sich in ein Buch hineinzulesen, in die dort beschriebene Welt einzutreten". So werde der Fantasie Raum gegeben, um eine Kulisse vor dem inneren Auge zu erschaffen, schreibt Bode.
Gefragter Bilderbuchkünstler
Autor Stian Hole verglich Bücher mit Vögeln, "die die Fantasie auf Reisen schicken und uns Grenzen überwinden lassen". Er bedankte sich in Osnabrück für die Auszeichnung. "Ich war sehr stolz und dankbar, als ich gehört habe, dass ‚Annas Himmel‘ den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2015 erhält", so der 56-jährige Autor, der mit seiner Familie in Oslo lebt. Für sein Werk "Garmans Sommer", das ebenfalls von Vergänglichkeit und Abschied handelt, wurde er 2010 unter anderem mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Er zählt zu den gefragtesten Bilderbuchkünstlern Skandinaviens.
Den Preis hat die Deutsche Bischofskonferenz nun schon zum 26. Mal vergeben. Ausgezeichnet werden Bücher, die "beispielhaft und altersgemäß christliche Lebenshaltungen verdeutlichen, religiöse Erfahrungen vermitteln und Glaubenswissen erschließen".
Annas um den Tod seiner Frau trauernder Vater meint in dem Bilderbuch übrigens, dass es so ein Gefühl von regnenden Nägeln nicht geben sollte. Dem stimmt Anna zu. Doch sie hat eine Idee: Vielleicht regnet es am nächsten Tag statt der Nägel Erdbeeren mit Honig, malt sie sich aus.