Grünenpolitiker fordert reformerisches Handeln der Regierung

Religionspolitik: Beck fordert mehr Mut von Seehofer

Veröffentlicht am 29.08.2018 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 
Deutschland

Berlin ‐ Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will in der Religionsdebatte lediglich den Status quo verteidigen, sagt der Grünenpolitiker Volker Beck. Doch das reiche nicht - gerade mit Blick auf den Islam.

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Der Grünenpolitiker Volker Beck fordert von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mehr Gestaltungswillen in der Religionspolitik. Es brauche "an verschiedenen Stellen konkretes, reformerisches Handeln, statt bloße Verteidigung des Status quo", schrieb der frühere religionspolitische Sprecher der Grünen in einem Gastbeitrag auf welt.de am Dienstag.

Seehofer habe zwar in seinem Debatten-Anstoß durch den "Welt"-Gastbeitrag vergangene Woche richtigerweise das Recht der Religionsgemeinschaften verteidigt, "sich in ethischen und gesellschaftlichen Fragen zu äußern und sich auch entsprechend zu engagieren", aber das reiche nicht. Seine Aufgabe wäre gewesen, die Gleichheit und Freiheit von allen Gläubigen wie Religionsfreien zu verteidigen, so Beck.

Grünenpolitiker sieht zwei Gefahren

Der Lehrbeauftragte am Centrum für Religionswissenschaftliche Studie der Ruhr-Universität Bochum betonte zugleich, dass der Islam heute "Knotenpunkt der Religionspolitik" sei. Das deutsche Kooperationsmodell müsse sich bei der Einbürgerung des Islam beweisen. Er sehe zwei Gefahren: "Man darf islamische Gemeinschaften nicht wegen anderer religiöser Traditionen und Vorstellungen von gleichen Kooperationsmöglichkeiten ausschließen. Und es wäre verheerend für unsere religionspolitische Ordnung, Vereine mit Religionsgemeinschaften gleichzustellen, die dafür nicht die Voraussetzungen erfüllen."

Horst Seehofer vor einem Plakat der CSU, lächelnd.
Bild: ©picture alliance/Sven Simon

Horst Seehofer (CSU) ist als Bundesinnenminister auch für die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Deutschland zuständig.

Beck begrüßte, dass das Bundesinnenministerium sich an der Debatte um einen "deutschen Islam" beteiligen wolle. Jedoch könne das "nur schwer gelingen, wenn man darüber philosophiert, ob der Islam nun zu Deutschland gehört oder nicht". Es sollte klargestellt werden, dass die Religionsausübung von Muslimen innerhalb der verfassungsrechtlichen Ordnung in Deutschland eine Heimat hat. "Dann gehören eben auch Ramadan oder Opferfest wie Karneval, Oktoberfest, Weihnachten oder Chanukka zum Brauchtum in unserem Land. Die Mehrheitsgesellschaft muss hier ihre Identität inklusiver formulieren", so der frühere Bundestagsabgeordnete.

Es fehle parteiübergreifend eine klare Ansage, dass sich islamische Verbände von politischen Identitäten und Abhängigkeiten lösen müssten. "Klarheit wäre auch eine Ermutigung an eine junge Generation deutscher Muslime, hier das Heft des Handelns verstärkt selbst in die Hand zu nehmen und einen Schnitt zu den Organisationsformen ihrer Eltern und Großeltern zu vollziehen", forderte der Politiker.

Beck: Verwaltungen brauchen mehr religiöses Wissen

Zudem sollten deutsche Verwaltungen "mit mehr religionsrechtlichem und religionskundlichem Wissen ausgestattet werden". Die dafür notwendigen Beratungs- und Forschungsstrukturen kann laut Beck der Religionsminister Seehofer "analog zu existierenden außenpolitischen Denkfabriken aufbauen".

Beck unterstrich, dass das Reden über Religion Mut zur Auseinandersetzung verlange. "Gleiche Rechte und gleiche Pflichten müssen die Grundlage für ein neues Miteinander sein. Unser Grundgesetz ist ein guter Kompass für diese Debatte", sagte er und forderte zu entsprechendem Handeln auf. (KNA)