Religiöse Rechte erwärmt sich für Trump
So bekamen die rund 1.000 Teilnehmer der Versammlung ganz nebenbei einen Eindruck vom Umfeld, aus dem Donald Trump stammt. Franklin Graham, Sohn des Erweckungspredigers Billy Graham, sprach die Vorbehalte einiger Konservativer direkt an, als er sich zu den persönlichen Schwächen des bereits zweimal geschiedenen Immobilien-Tycoons äußerte.
"Niemand von uns ist perfekt", warb der Pastor um Nachsicht für die wenig vorbildliche Lebensweise des Kandidaten. "Es gibt nur einen, der es ist: unser Herr Jesus Christus. Aber der tritt nicht für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten an."
Harte Linie gegen Abtreibung und LGBTI-Rechte
Wichtiger scheint Graham und anderen Führern der religiösen Rechten, die das Treffen organisiert haben, dass Trump ihnen verspricht, was sie hören wollen: steuerliche Vorteile für Kirchen, die Möglichkeit, von der Kanzel aus für politische Inhalte zu werben, und eine harte Linie gegen Abtreibung und LGBTI-Rechte (Homo-, Bi-, Trans-, und Intersexuelle).
Der ehemalige Mitbewerber um die Präsidentschaftsnominierung Ben Carson, der Trump inzwischen unterstützt, versuchte die Wahl im November auf eine einfache Formel zu bringen. Er verglich die USA mit einem Schiff, das vom Kurs abgekommen sei. "Wir müssen das Schiff stoppen, es umdrehen, und dann in eine andere Richtung steuern", appellierte er an die Versammelten. "Ich sage nicht, wen ihr wählen sollt, aber es sollte klar sein, wer sich für Religionsfreiheit einsetzt."
Schon bei der Vorstellung des Kandidaten war nicht zu übersehen, dass Trump ein überwiegend wohlwollendes Publikum erwartete. Mike Huckabee, ein weiterer ehemaliger Bewerber um die Nominierung, versprach Trump, die 20 für ihn vorbereiteten Fragen seien nicht sehr theologisch: "Wir wählen hier schließlich keinen Pastor aus."
Der Milliardär sprach allgemein über den Wert von Religiosität und nutzte jede Gelegenheit, ins Politische abzuschweifen. Er wollte über eines der Hauptanliegen der Versammelten sprechen: Religionsfreiheit. In Zirkeln der christlichen Rechten der USA ist das nicht selten ein Codewort, um gegen Menschen vorzugehen, mit deren Lebensweise man nicht einverstanden ist.
Princeton-Professor Robert George nicht überzeugt
Trump versprach, als Präsident der USA "eure Religion zu befreien, eure Gedanken zu befreien. Ihr sollt über religiöse Freiheit sprechen können." Er werde dafür sorgen, dass Steuervorschriften verschwinden, die gemeinnützigen Organisationen Grenzen setzen und damit etwa auch Pastoren dabei einschränken, von der Kanzel aus Politik zu machen. Der umstrittene Politiker erhielt stehende Ovationen. Doch er konnte nicht alle Bedenken zerstreuen. Etwa die des prominenten Latino-Predigers Samuel Rodriguez, der kritisch hinterfragte, warum Trump keine Brücken zu den Hispanics schlage. Trump wich - wie auch beim Stichwort Muslim-Einreisestopp - auf das Thema innere Sicherheit aus.
Der katholische Princeton-Professor Robert George gehört ebenfalls zu den Konservativen, die nicht überzeugt sind. Er lehnte es ab, zu dem Treffen zu kommen. "Diese Wahlen stellen uns vor eine fürchterliche Entscheidung", klagt George, der Hillary Clinton für ebenso verkehrt hält wie Trump. "Gott stehe uns bei."
Andere Christen ziehen radikalere Konsequenzen: Deborah Fikes, die lange Zeit die National Association of Evangelicals und die World Evangelical Alliance anführte, erklärte am Dienstag ihre Unterstützung für Clinton. "Internationale Religionsfreiheit wird durch die Ideen Donald Trumps gefährdet", so ihr Fazit.