Schuster würdigt Campinos Mut bei "Echo"-Verleihung
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Sänger der "Toten Hosen", Campino (55), für "Mut und Verantwortungsbewusstsein" beim Musikpreis "Echo" gewürdigt. Er habe mit seinen Worten zur Auszeichnung der umstrittenen Rapper Kollegah und Farid Bang dafür gesorgt, "dass nicht der Ruf der gesamten Branche ruiniert ist", sagte Schuster am Freitag in Würzburg. "Er hat mit seiner Frage, wo die moralische Schmerzgrenze liegt, genau den wunden Punkt getroffen." Ansonsten sei die Bedeutung des Preises "höchst zweifelhaft geworden". Die jüdische Gemeinschaft wisse den Mut von Campino "definitiv zu schätzen".
Campino hatte am Donnerstagabend selbst den "Echo" erhalten und in seiner anschließenden Rede die Auszeichnung der Rapper kritisiert. Man müsse unterscheiden, ob die Provokation ein Stilmittel sei oder dazu diene, andere auszugrenzen. "Für mich persönlich ist die Grenze überschritten, wenn es um frauenverachtende, homophobe, rechtsextreme, antisemitische Beleidigung geht und die Diskriminierung jeder anderen Religionsform." Die beiden Rapper und Bodybuilding-Fans hatten auf ihrem Album "Jung, brutal, gutaussehend 3" unter anderem die Zeile "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" gerappt.
Kritik kam auch von der früheren Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch. Sie sprach von einem "verheerenden Zeichen". Mitten in die Debatte um Antisemitismus an Schulen falle nun die Auszeichnung von Musik, die jene Phänomene zu befördern vermöge, so die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. "Wenn am Jom HaSchoa, dem jüdischen Holocaustgedenktag, Rapper ausgezeichnet werden, die sich vorwerfen lassen müssen, bewusst auch mit antisemitischen Ressentiments zu spielen, darf sich niemand wundern, dass 'Jude' in Klassenzimmern wieder Schimpfwort ist."
Antisemitismus-Beauftragter: Inakzeptabel und unwürdig
Der neue Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein (50), nannte die Song-Zeilen "inakzeptabel" und "einer renommierten Veranstaltung wie der Echo-Verleihung nicht würdig". Solche Zeilen verletzten nicht nur Holocaustüberlebende, sondern auch ihre Familien, sagte er der "Bild" (Freitag).
Bereits vorab hatte die Nominierung der beiden Musiker zu heftiger Kritik und auch Antisemitismus-Vorwürfen geführt. Schuster sagte bereits am vergangenen Wochenende: "Während wir von Zuwanderern fordern, dass sie unsere Werte akzeptieren, werden in solchen Liedern Gewalt und Intoleranz gepriesen." Die Nominierung werfe auch die Frage auf, "ob die 'Echo'-Preisverleihung noch seriös ist". Der Bundesverband Musikindustrie hielt jedoch trotz der Kritik an der Nominierung fest. Er verwies darauf, dass sich ein Ethik-Beirat mehrheitlich gegen einen Ausschluss der Künstler entschieden hatte. (bod/KNA)