Beim 100. Katholikentag in Leipzig beginnt das inhaltliche Programm

Seht, da sind die Debatten

Veröffentlicht am 26.05.2016 um 18:40 Uhr – Lesedauer: 
Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (li.) und Bundespräsident Joachim Gauck (re.) unterhalten sich beim Katholikentag.
Bild: © KNA
Katholikentag

Leipzig ‐ Seit Donnerstag läuft beim 100. Katholikentag das umfangreiche inhaltliche Programm. Bundespräsident Joachim Gauck warnte vor Hetze und Hysterie - und zeigte zugleich Verständnis für gewisse Ängste.

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Gauck gegen Hetze und Schüren von Ängsten

Bundespräsident Joachim Gauck hat das kalkulierte Schüren von Angst und Hysterie in öffentlichen Debatten verurteilt. "Diejenigen, die mit Ängsten ihr politisches Süppchen kochen, um Hetze zum Normalzustand zu erklären, vor denen trennen wir uns gänzlich ab", sagte er am Donnerstag. Zugleich bekundete er Verständnis für Menschen, die sich vor Fremdheit ängstigten. Der Präsident äußerte sich bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "In welcher Gesellschaft wollen wir leben?".

Gauck: Entscheidend ist, wie man mit der Angst umgeht

"Eine gewisse Hysterie arbeitet künstlich mit Ängsten", ohne dass dies begründet sei, kritisierte Gauck. Er verwies auf Demonstrationen in Sachsen gegen Moscheen und Minarette, obgleich es dort kaum Fremde oder Gründe für eine Überfremdung gebe. Dagegen herrschten etwa in Stuttgart oder Nordrhein-Westfalen trotz des höheren Anteils von Migranten keine derartigen Sorgen vor. "Alle Völker kennen das, dass Fremdheit Angst macht", betonte das Staatsoberhaupt. Entscheidend sei, wie damit umgegangen werde. Die Erfahrung im Westen beim Umgang mit Migranten könne für den Osten eine Hilfe sein.

Der Bundespräsident forderte ein "Training der seriösen Debatte, wo das Argument zählt und nicht nur das ängstliche Gesicht". Die Krise solle eher als Weckruf verstanden werden: "Auf, setz dich ein für deine Demokratie", rief er unter dem Applaus mehrerer tausend Besucher. Demokratie bedeute auch Debatte, Auseinandersetzung und Streit.

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Bischof Feige ermutigt zu Selbstkritik

Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige hat die christlichen Gemeinden in Deutschland dazu ermuntert, im Blick auf das Reformationsgedenken 2017 die Verletzungen aus der Geschichte aufzuarbeiten. Beim Katholikentag berichtete er am Donnerstag von einem "ökumenischen Pilgerweg der Versöhnung" der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Sachsen-Anhalt am 25. November 2015 in Wittenberg. "Das war nicht nur ein Zeichen, es hat auch gewirkt", sagte Feige, der Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist. Das Verhältnis der zehn an der Feier beteiligten Kirchen habe sich dadurch deutlich verbessert.

Weiter meinte Feige, die Kirchen hätten allen Grund, sich selbstkritisch ihrer Vergangenheit zu stellen und nichts zu beschönigen, was schlecht gewesen sei. Die entsprechenden Erfahrungen und negativen Bilder der jeweils anderen wirkten bis heute nach und müssten deshalb geistlich aufgearbeitet werden. Zugleich hob der Bischof hervor, dass auch die positiven Erfahrungen von Toleranz, Verständigungsbemühungen und gegenseitiger Unterstützung nicht vergessen werden dürften. Das alles könne dazu beitragen, auf das Reformationsjahr "gelöster und entkrampfter zuzugehen".

Laien müssen mehr bei Gemeindeleitung mitmachen

Katholiken sind aus Feiges Sicht verstärkt in die Leitung von Gemeinden einzubeziehen. Angesichts der abnehmenden Zahl der Priester sollten getaufte und gefirmte Christen mehr Verantwortung übernehmen. Es gehe aber nicht darum, "Laien als Lückenbüßer für eine pastorale Notsituation zu rekrutieren". Feige forderte einen Mentalitätswandel. Viele Gläubige seien noch zu sehr von der Vorstellung geprägt, dass Kirche nur dort sei, wo ein Pfarrer sei.

Manche Katholiken hätten in diesem Sinne ganz selbstverständlich in einer versorgten Kirche gelebt. Wenn nun Priester und Hauptamtliche wegfielen, fühlten sie sich im Stich gelassen. Er plädierte für Pastoralteams zur Leitung von Pfarreien. Allerdings bestehe auch die Möglichkeit des Scheiterns. So hätten Erfahrung im Bistum Magdeburg gezeigt, dass die Kompetenzen der einzelnen Mitglieder im Team und vor allem die Rolle des Priesters geklärt werden müssten.

Ramelow fordert stärkere Auseinandersetzung mit der AfD

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) plädiert für eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD. Die Wahlergebnisse der Partei und Phänomene wie Pegida seien ein "Alarmzeichen", sagte er. Es dürfe aber nicht so sehr um die AfD selbst gehen, sondern mehr um die Ängste ihrer Anhänger. Zudem forderte der Protestant die Politik und alle Christen zu einem entschiedeneren Einsatz dafür auf, dass Religion in Deutschland friedlich gelebt werden könne. Dabei kritisierte Ramelow die ablehnende Haltung der AfD gegenüber dem geplanten Moscheebau in Erfurt. Er zeigte sich dankbar darüber, dass die anderen Parteien und die Kirchen unisono das Recht von Muslimen bekräftigt hätten, eigene Gotteshäuser zu errichten.

Ramelow wandte sich gegen Bestrebungen in seiner eigenen Partei, die auf eine konsequentere Trennung von Staat und Religion in Deutschland abzielen. "Ich halte das für einen falschen Weg", sagte er zu einem entsprechenden Antrag für den Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Magdeburg. So lehne er etwa die Forderung ab, den schulischen Religionsunterricht abzuschaffen. Eine Renaissance von Kirchenfeindlichkeit gebe es indes nicht nur bei der Linkspartei, sagte Ramelow.

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Schavan: Barmherzige Personen sind keine "naiven Gutmenschen"

Die deutsche Vatikan-Botschafterin Annette Schavan warnt davor, barmherzig handelnde Personen als "naive Gutmenschen" zu belächeln. "Viele neigen heute dazu und werfen ihnen vor, die Probleme auszublenden", sagte sie. "Barmherzigkeit ist aber nicht naiv, sondern eine wichtige kulturprägende Kraft und macht eine Gesellschaft erst lebenswert." Die ehemalige Bundesministerin verwies auf Papst Franziskus, der schon kurz nach seinem Amtsantritt betont hatte, dass für ihn "die stärkste Kraft Gottes die Barmherzigkeit ist". Daher rufe er immer wieder dazu auf, durch konkretes barmherziges Handeln die "Globalisierung der Gleichgültigkeit" zu überwinden, so Schavan.

Gerade bei Themen wie Ungerechtigkeit, Krieg, Flucht und Gewalt seien weltweit alle Religionen gefragt, betonte die Diplomatin. "Jede Form von Gewalt im Namen einer Religion ist ein Missbrauch dieser Religion", ergänzte der Berliner Rabbiner Andreas Nachama.

Khorchide: Der Islam ist nicht vom Himmel gefallen

Der Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide verwies darauf, dass auch im Koran Barmherzigkeit die wichtigste Eigenschaft Allahs sei. Alle Lesarten des Koran, die dies missachteten, seien daher zu verwerfen. Khorchide kritisierte Versuche, Gewalt im Namen des Islam mit Hilfe einiger gewalttätiger Verse im Koran zu rechtfertigen. "Man darf den Islam nicht als vom Himmel gefallen lesen und wortwörtlich verstehen, sondern muss ihn im historischen Kontext der Zeit sehen." Dass sich dies in der Praxis nicht überall durchsetze, sei "ein sehr komplexes Problem. Wenn das ignoriert wird, kann es leicht zu Extremismus und Gewalt führen." Als problematisch bezeichnete es der Islamwissenschaftler, dass in vielen Ländern eine restriktive Lesart des Koran bevorzugt werde, weil dies den autoritären Machthabern in die Hände spiele. Denn diese wollten keine Muslime, "die selbstbewusst ihren eigenen Weg im Glauben gehen, statt nur auf die Obrigkeiten zu hören".

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Erzbischof Koch: Glaube geht nicht ohne Kirche

Der christliche Glaube ist nach den Worten des Berliner Erzbischofs Heiner Koch immer an die kirchliche Gemeinschaft gebunden. "Glaube geht nicht ohne Kirche", sagte er. Der Glaube werde von der Gemeinschaft getragen, geprägt und entwickelt. Weiter hob der Erzbischof hervor, Glaube sei "eine Bewegung des ganzen Menschen, eine Kehre der Existenz" - und nicht eine Wiedergabe von Lehren oder ein Annehmen von Theorien. Ebenso wenig sei er das "Ergebnis einsamer Grübelei, sondern das Ergebnis eines Dialogs, Ausdruck von Hören, Empfangen und Antworten".

Erzbischof Schick sieht Bildung als Schlüssel gegen Ungleichheit

Bildung ist nach den Worten von Erzbischof Ludwig Schick ein Schlüssel gegen Ungleichheiten in der Gesellschaft. Viele Probleme würden durch Ungleichheiten verursacht, daher sei es "ganz wichtig", dagegen etwas zu tun, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag beim Katholikentag. Mit Blick auf die soziale Situation in Europa und weltweit sagte Bambergs Erzbischof: "Der Graben wird tiefer." Mehr Menschen müssten die Möglichkeit bekommen, am gemeinschaftlichen Leben teilzunehmen. Dazu gehörten neben der Teilhabe an Bildung auch die Bereiche Finanzen und Gesundheitsfürsorge. "Da könnten wir mehr tun", betonte Schick. Das gelte auch für eine Unterstützung kinderreicher Familien.

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Brandenburgs Ministerpräsident erfreut über Rückkehr der Wölfe

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zeigt sich erfreut über die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland. "Ich halte das für eine sehr schöne Entwicklung", sagte Woidke am Donnerstag auf dem Katholikentag. "Das zeigt, dass nach 250 Jahren auch der Naturraum in Deutschland wieder in Ordnung kommt." Der Ministerpräsident kritisierte die derzeit niedrigen Marktpreise für landwirtschaftliche Produkte. Ein Milchpreis von 18 Cent pro Liter sei "unanständig", so Woidke. "Wir verlieren jeden Tag Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und zwar in Regionen, wo wir die Arbeitsplätze dringend brauchen."

Thierse hält Bergpredigt für "verdammt politische Botschaft"

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse orientiert sich auch beruflich an der biblischen Bergpredigt. "Die Bergpredigt ist eine verdammt politische Botschaft, ganz gegen das weit verbreitete Vorurteil, man könne damit keine Politik machen", sagte der SPD-Politiker beim Katholikentag. In dem biblischen Abschnitt im Matthäus-Evangelium gehe es zentral um die unteilbare Würde eines jeden Menschen. Zugleich betonte Thierse, dass sich die Bibel nicht eins zu eins in die Politik übertragen lasse. "Es ist immer eine Übersetzung notwendig, in Sachargumente beispielsweise", so der 72-jährige Berliner. "Alles andere würde ich für einen fundamentalistischen Umgang mit der Bibel halten." Als Politiker könne man sein Christentum nicht nur einfach wie einen Schild vor sich her tragen.

Maas warnt vor Ausgrenzung der AfD

Bundesjustizminister Heiko Maas hält Ausgrenzung für die falsche Strategie im Umgang mit der AfD. "Das ist genau das, was sie wollen", sagte der SPD-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag). Es sei besser sich inhaltlich mit der AfD auseinanderzusetzen, "dann wird man sehen, was sie zustande bringt außer zu krakeelen". Maas soll am Samstag an einer Podiumsdiskussion beim Katholikentag teilnehmen. Vertreter der AfD sind zu dem Treffen nicht eingeladen worden. Aus Sicht von Maas hat die AfD "ein besonderes Problem mit der Religionsfreiheit". Er betonte, jeder dürfe in Deutschland seinen Glauben frei leben, dazu gehörten auch Musliminnen mit Kopftuch, jüdische Männer mit Kippa und ein Minarett im Stadtbild. Die AfD hatte Anfang Mai den Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" in ihr Parteiprogramm aufgenommen.

Laien-Komitee: Priestertum der Frau "zurzeit kein Thema"

Die Zulassung von Frauen zum Priesteramt ist für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) "zurzeit kein Thema". Das sagte ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann am Donnerstag vor Journalisten in Leipzig. Auf die Frage nach den Gründen antwortete sie: "Weil wir uns verheben." In der katholischen Kirche sind die Bischofs- und Priesterweihe nach geltender Lehre Männern vorbehalten. Mitte Mai hatte Papst Franziskus die Einrichtung einer Kommission angekündigt, die eine Zulassung von Frauen zum Diakonenamt prüfen soll. Das Diakonat ist - vor der Priester- und Bischofsweihe - die erste Weihestufe in der katholischen Kirche.

Kortmann kündigte an, das ZdK wolle sich gemeinsam mit den deutschen Bischöfen dafür einsetzen, den Kurs des Papstes zu unterstützen. Zuvor hatte sich das Gremium dafür ausgesprochen, einen Brief an Franziskus zu schreiben. Darin will das ZdK dem Papst für seine Äußerungen zum Frauendiakonat danken und für eine Zulassung von Frauen zur Diakonenweihe werben. "Wenn wir mit dem Diakonat einen Schritt nach vorne erreichen, dann ist das ein großer Schatz", sagte Kortmann.

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Erzbischof Koch: Wagen Sie es doch einmal mit Gott!

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat dazu ermuntert, das Leben stärker an Gott auszurichten als an Äußerlichkeiten. "Wagen Sie es doch einmal, mit diesem Gott zu leben!", rief Koch am Donnerstag im ersten Hauptgottesdienst des 100. Katholikentags in Leipzig aus. "Gottesbeziehung kann nicht zuerst erlebt, sie will zuerst gelebt werden", so der Erzbischof. Aus eigener Erfahrung sage er jedoch auch: "Wer sich auf Gott einlässt, der wird ihn immer wieder neu suchen müssen." Bei frühlingshaftem Wetter nahmen nach Angaben der Veranstalter 15.000 Menschen an der Messe zum Hochfest Fronleichnam teil. Mit besonderem Applaus begrüßten sie den frisch ernannten Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers. Die Kollekte während des Gottesdienstes soll dem Leipziger Verein Straßenkinder zugutekommen, der sich um obdachlose Kinder und Jugendliche "in prekären Verhältnissen" kümmert.

Koch sagte weiter, die Beziehung zu Gott sei "eine große Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen, mit Stunden der Erfüllung und des Hungers nach mehr". Er kritisierte, diesseitige Sehnsucht nach mehr Glück, Reichtum, Lust oder Macht führe häufig zu einer Sucht: "Die Armut an Lebenssinn wird zur Gier nach Lebensmitteln, die Armut an Gewissheit zur Gier nach Sicherheit, die Armut an Anerkennung zur Gier nach Beifall."

Ähnliche Auswirkungen habe der Glaube, die Menschen könnten ihren "Hunger nach mehr" selbst stillen. Der Erzbischof nannte hier "verhärtete Herzen, eine entsolidarisierte Ellenbogengesellschaft und Mauern, die Menschen abweisen". Am Abend findet ebenfalls auf dem Augustusplatz ein Nachtgebet "Light of Christ" statt. An fünf Stationen sind Meditationen über die Gegenwart Gottes in der Welt geplant.

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Mazyek zeigt Verständnis für Absage an AfD

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, kann die Entscheidung der Veranstalter des Katholikentags gut verstehen, keine AfD-Vertreter zu den Podiumsdiskussionen einzuladen. Auch bei den letztlich gescheiterten Gesprächen seiner Organisation mit der AfD Anfang der Woche habe man sich bewusst für einen neutralen Ort entschieden und nicht etwa in eine Moschee eingeladen, sagte Mazyek am Donnerstag in Leipzig.

"Wir sind uns der Symbolik sehr bewusst", ergänzte er: "Wir sind dialogbereit, aber wir wollen nicht den Eindruck vermitteln, es sei etwas Normales, wenn eine Partei in ihrem Grundsatzprogramm eine Religion existenziell einschränken will." Man wolle keine Partei "salonfähig machen, die wichtige Grundlagen und Werte wie die Religionsfreiheit infragestellt". Allerdings, so Mazyek, müsse man natürlich den Dialog suchen mit den Anhängern und Sympathisanten der AfD.

Mazyek hofft zudem, dass der Katholikentag dazu beitragen kann, "die Werte unserer Demokratie zu sichern und mit Leben zu füllen, insbesondere die Religionsfreiheit". Hier seien alle Religionsgemeinschaften gefordert, weil die Demokratie derzeit in großer Gefahr sei, betonte Mazyek. Das Großereignis könne Kraft und neue Impulse geben, so Mazyek weiter. Die Religionen müssten hier zusammenstehen, ohne ihre eigene Identität aufzugeben: "Das heißt ja nicht, dass wir im Dialog naiv und blauäugig sind und alles Trennende unter den Teppich kehren."

Rückendeckung erhielten die Veranstalter für die Absage an die AfD auch vom Berliner Erzbischof Heiner Koch. "Der Katholikentag ist kein Parteitag, wir wollen der AfD kein Podium zur Verbreitung ihrer Position geben", sagte Koch der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Donnerstag). Der kritische Dialog mit der Partei sei wichtig. "Aber der AfD beim Katholikentag ein großes Podium zu geben, ist etwas anderes. Und das wollten wir nicht, um kein falsches Signal zu setzen." Der Propst der Propsteikirche in Leipzig, Gregor Giele, stellte sich ebenfalls hinter die Entscheidung. Die Erfahrung zeige, dass viele AfD-Vertreter öffentliche Auftritte zur Selbstdarstellung und Zuspitzung nutzten, sagte Giele im Deutschlandradio Kultur. "Das ist nicht Sache des Katholikentages. Da geht es um eine inhaltliche, sachliche Auseinandersetzung, um die ruhige Diskussion der Argumente."

Klöckner kritisiert Absage an AfD

Zu den Kritikern des AfD-Ausschlusses gehört CDU-Vize Julia Klöckner, die ebenfalls dem Katholiken-Komitee angehört. "Man muss sich mit der AfD auseinandersetzen, damit sie keinen Märtyrerstatus erhält", sagte sie dem Kölner domradio. In ihrer Brust schlügen zwei Herzen: "Der Katholikentag steht für Versöhnung und nicht für das Ausgrenzende. Andererseits muss man aber auch andere und schwierige Meinungen aushalten können. Deshalb sage ich: Ja, AfD einladen."

12:30 Uhr: Ergänzt um die Meldungen von Koch, Giele und Klöckner

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Katholikentag beginnt inhaltliche Arbeit

Am Donnerstag beginnt beim Katholikentag in Leipzig die inhaltliche Arbeit. Im Mittelpunkt stehen aktuelle Fragen zu Kirche und Gesellschaft. Am Nachmittag beteiligt sich Bundespräsident Joachim Gauck an einer Diskussion zum Thema "In welcher Gesellschaft wollen wir leben?". Auch der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sitzt auf einem Podium. Bereits am Vormittag fand der zentrale Gottesdienst zum Hochfest Fronleichnam statt.

Themenseite: Katholikentag

Alles Wichtige vom und über den 100. Katholikentag in Leipzig im Überblick.

Sternberg: Mehr für das Verhältnis zu Polen engagieren

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg fordert mehr Engagement für Gespräche zwischen Polen und der Bundesrepublik. Beim Empfang der Grünen-Fraktion am Rande des Katholikentags sagte Sternberg am Mittwochabend, es gelte, den Austausch über die großen europapolitischen Themen zu intensivieren. Polen sei der wichtigste Nachbar, mit keinem Land habe die Bundesrepublik eine längere gemeinsame Grenze. Sternberg erinnerte daran, dass die Versöhnung zwischen den beiden Ländern nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlich von der katholischen Kirche befördert worden sei. Derzeit gilt das Verhältnis der beiden Länder als politisch belastet. (kim/KNA/dpa)