Papst beendet Weltjugendtag von Krakau mit Appell an die Jugend

"Seid stärker als das Böse"

Veröffentlicht am 31.07.2016 um 13:20 Uhr – Von Agathe Lukassek – Lesedauer: 
Weltjugendtag

Brzegi/Krakau ‐ Anderthalb Millionen junge Pilger haben mit dem Papst zusammen den Abschluss des Weltjugendtags die Messe gefeiert. Mit seiner Predigt sendet Franziskus ein Signal für Frieden und gegen Gewalt und Terrorismus in die Welt.

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Bereits am Samstagmorgen hatten alle Weltjugendtagsteilnehmer ihre Unterkünfte in und um Krakau verlassen und waren den ganzen Tag über das riesige Feld vor den Toren Krakaus geströmt. Bei großer Hitze und mit Schlafsäcken und Isomatten bepackt legten sie acht bis zehn Kilometer zu Fuß zurück. Anwohner und Helfer reichten ihnen unterwegs immer wieder Getränke oder besprühten sie mit Wasser.

Papst Franziskus im Papamobil
Auf dem Weg zum Campus Misericordiae
Galerie: 5 Bilder

Ab dem Nachmittag spielten diverse Bands auf der Bühne und versuchten, das Publikum zum Tanz zu animieren. Viele Gruppen waren aber damit beschäftigt, aus den WJT-Regencapes Sonnensegel zu basteln, und Kraft für den Abend zu sammeln. Als Papst Franziskus gegen 19 Uhr auf dem sogenannten "Campus Misericordiae" ankam, stieg die Stimmung. Er ging mit einigen Jugendlichen durch die "Heilige Pforte" und nahm die sichtlich überraschten jungen Leute spontan in seinem Papamobil mit.

Papst Franziskus kommt!
Bild: ©katholisch.de

Papst Franziskus wird auf dem Campus Misericordiae vor der Vigil begeistert empfangen.

Glaubenszeugnis, Musik und Tanz

Das Nachtgebet war eine Mischung aus Glaubenszeugnissen, Musik und Tanz. Höhepunkte waren eine aufrüttelnde Ansprache des Papstes und die gemeinsame eucharistische Anbetung. Franziskus rief die Jugendlichen auf, Vorreiter für ein Zusammenleben der Kulturen zu sein.

Erwachsene brauchten junge Menschen als Lehrer, um "die Vielfalt der Kulturen miteinander zu teilen, nicht wie eine Bedrohung, sondern als eine Chance".

„Habt den Mut, uns zu lehren, dass es einfacher ist, Brücken zu bauen, als Mauern zu errichten.“

—  Zitat: Papst Franziskus

"Wir wollen nicht den Hass mit noch mehr Hass besiegen, die Gewalt mit noch mehr Gewalt besiegen, den Terror mit noch mehr Terror besiegen", sagte der Papst. Drei junge Erwachsene berichteten von ihrem Glauben und Leben. Die Polin Natalia erzählte, dass sie bis zu einer spontanen Beichte am "Sonntag der Barmherzigkeit" vor vier Jahren ein erfolgreiches, aber innerlich leeres Leben führte. Miguel aus Paraguay war seit seiner Kindheit drogenabhängig und arbeitet nun bei dem christlichen Entzugsprojekt "Fazenda de la Esperanza." Bewegend war der Bericht der Syrerin Rand Mittri über Not und Leid, aber auch Hoffnung in ihrem Land. Der Papst und die Jugendlichen beteten in Stille für Opfer von Kriegen und Konflikten.

Linktipp: "Sollen andere über eure Zukunft entscheiden?"

Dieser Abend läutet den Höhepunkt des Weltjugendtags ein: Bei der Gebetsvigil redete Papst Franziskus eindringlich der Jugend ins Gewissen. "Sofa-Jugendliche" brauche keiner, sondern "Vorreiter der Geschichte".

Nachdem Franziskus sich zum Schlafen zurückgezogen hatte, wurden auf der Bühne bis in die Nacht Weltjugendtags-Evergreens aufgeführt, insbesondere das Mottolied des Krakauer Treffens "Selig die Barmherzigen". Mehr als eine Million Menschen übernachteten auf dem Areal und wurden morgens von der aufgehenden Sonne und der schnell ansteigenden Hitze geweckt. Gemeinsam mit Gläubigen, die nicht am WJT teilgenommen hatten, stieg die Zahl der Besucher des Abschlussgottesdienstes auf mehr als 1,5 Millionen, teilte Vatikansprecher Federico Lombardi im Anschluss mit.

"Gott liebt uns so, wie wir sind"

In seiner Predigt ermutigte der Papst die Jugendlichen zu Selbstvertrauen und zur Überwindung von falscher Scham und Vorurteilen. "Gott liebt uns so, wie wir sind, und keine Sünde, keine schlechte Angewohnheit, kein Fehler bringt ihn davon ab", sagte er. Es sei eine Gefahr für die jungen Menschen, eine geringe Meinung von sich selbst zu haben. "Sich selbst nicht zu akzeptieren, unzufrieden zu leben und negative Gedanken zu haben bedeutet, unsere wahrste Identität nicht zu erkennen." In den Augen Jesu sei jeder Mensch wertvoll. Sich in Traurigkeit und Brüten über die Vergangenheit zu verschließen, bezeichnete er als einen "Virus, der alles verseucht und blockiert, der jede Tür verschließt, der verhindert, das Leben neu zu entfachen und von vorn zu beginnen". Gott sei "hartnäckig hoffnungsvoll", sagte Franziskus.

Der Campus Misericordiae in der Abenddämmerung
Bild: ©katholisch.de

Unzählige Jugendliche übernachteten auf dem Campus Misericordiae nach der Vigil, um morgens die Messe mitfeiern zu können.

Wie in den Vortagen drängte der Papst die jungen Gläubigen, für eine neue Gesellschaft des Dialogs und gegen Hass und Ressentiments einzutreten. Nachdrücklich bat er sie, an die Macht der Barmherzigkeit zu glauben. Sie sollten denen widerstehen, die "versuchen, euch einzureden, dass Gott fern, streng und wenig einfühlsam ist, gut mit den Guten und böse mit den Bösen", so Franziskus. "Sie mögen euch als Träumer beurteilen, weil ihr an eine neue Menschheit glaubt, die den Hass zwischen den Völkern nicht annimmt, die die Grenzen der Länder nicht als Barrieren ansieht und die eigenen Traditionen ohne Egoismen und Ressentiments hütet." Gott lade ein zum "wahren Mut, stärker zu sein als das Böse, indem wir alle lieben, sogar die Feinde".

Es geht nach Mittelamerika

Jubel brandete auf, als der Papst zum nächsten Jugendtreffen nach Panama-Stadt einlud. Danach begann sich das Feld zu leeren. Der 31. Weltjugendtag mit hunderttausenden Menschen aus mehr als 180 Ländern und mit hohen Sicherheitsvorkehrungen ist nach sechs Tagen Geschichte. Es war ein friedliches Glaubensfest. "Ich weiß nicht, wie viele Menschen ich versehentlich angerempelt habe. Keiner hat gemeckert," sagt Magdalena Hartmann, die mit der Schönstatt-Bewegung nach Krakau gekommen war. "Wenn die Welt so funktionieren würde wie dieser WJT, wäre alles gut", fügt sie hinzu. (mit Material von KNA)

Linktipp: Wichtige Impulse für die Kirche in Deutschland

Bischof Neymeyr und die Verantwortlichen der deutschen Jugendpastoral sind zufrieden mit dem Weltjugendtag: Sie sehen darin ein Glaubenszeugnis, das Mut für den Alltag macht – und sie hoffen auf einige Impulse von den Jugendlichen, wenn sie zurückkommen.
Von Agathe Lukassek