Sterbehilfe-Vereine wollen "Schlupflöcher" nutzen

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert Pläne des Vereins Deutsche Sterbehilfe, Mitglieder bei den Vorbereitungen zu einem Suizid wieder zu unterstützen. "Das Recht wird so lange gebeugt, bis es bricht. Wie bei einem Steuertrickser werden gesetzliche Schlupflöcher gesucht, um sie für eigene Machenschaften zu nutzen", sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag in Berlin.
Die Organisation Deutsche Sterbehilfe hatte am Sonntag in Zürich entschieden, ihren Schweizer Ableger unabhängig zu machen, wie der dortige "Tages-Anzeiger" (Montag) berichtete. Nun könne der Verein gemäß eigenen Statuten von der Schweiz aus deutschen Sterbewilligen helfen, wie der Vorsitzende Roger Kusch auf Anfrage bestätigte.
Kusch: "Wir verstoßen nicht gegen deutsches Recht"
Der ehemalige Hamburger Justizsenator sagte dem Blatt: "Wir verstoßen nicht gegen deutsches Recht und begehen keine Straftat. Denn wir leisten Beihilfe zu einer künftigen straflosen Tat. Im Prinzip ist es Hilfe zur Suizidhilfe." Der Verein setzt demnach vor allem auf die nicht strafbare Beihilfe zum Suizid durch Angehörige.
Der Sterbewillige könne mit einem Angehörigen zu einer Beratung in die Schweizer Vereinsfiliale kommen. Das Treffen werde auf Video aufgezeichnet, ein Vertrauensarzt erstelle nach Untersuchungen ein Gutachten und händige das Rezept für ein tödliches Mittel aus, so Kusch. Der Angehörige müsse später erneut anreisen, um das Mittel für den Sterbewilligen in Deutschland abzuholen.

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, nennt das Vorgehen das Vereins "Rechtsbeugung".
Patientenschützer Brysch hob hervor, Sterbehelfer verheimlichten den Ratsuchenden mitunter, "dass die Tötungsmittel nicht immer sicher und leidensfrei wirken. Ebenso wird die schwere seelische Belastung der Angehörigen ausgeblendet." Für Brysch kommt es nun darauf an, "dass deutsche Gerichte und der Gesetzgeber sich nicht an der Nase herumführen lassen".
Der ehemalige CDU-Politiker Kusch und sein Verein polarisieren die Debatte um Sterbehilfe seit Jahren. 2008 hatte Kusch mit seinem damaligen Verein fünf Menschen beim Suizid geholfen und dafür jeweils 8.000 Euro kassiert. Nachdem ihm das vor Gericht verboten worden war, gründete er 2010 den Verein "Sterbehilfe Deutschland", der Patienten bei der Selbsttötung begleitet - ohne Honorar, aber nur bei bezahlter Mitgliedschaft. Damit war Schluss, seit der Bundestag 2015 ein Verbot aller auf Gewinn oder Wiederholung ausgerichteten Formen von Suizidbeihilfe beschloss. Dazu zählen Sterbehilfe-Vereine ebenso wie die Beihilfe durch Ärzte.
Die katholische Kirche lehnt jede organisierte Form von Suizidbeihilfe ab. Erst vor wenigen Tagen beklagte Papst Franziskus, in vielen Ländern nähmen Anfragen nach aktiver Sterbehilfe zu. (bod/KNA)