Stille Nacht
Rückblickend kommt es mir so vor, als hätte ich "Stille Nacht" zur Weihnachtszeit rund um die Uhr gesungen: im Kindergarten oder in der Grundschule, in der Kirche oder zu Hause. Wichtig war jedoch nicht das "Wo", sondern das "Mit wem". Das Lied erinnert mich an meine Kindergärtnerin, an meine Grundschullehrerin und an meine verstorbenen Großeltern. Es erinnert mich daran, wie meine Mutter und mein Vater ihre Arme beim Singen unter dem Tannenbaum um mich und meinen Bruder gelegt haben. Es hat sich nicht viel verändert seit damals. Ich singe das Lied immer noch gerne, noch immer unter dem Tannenbaum meiner Eltern. Nur dass ich heute die Arme um ihre Schultern lege.
Ach, eine Sache gibt es da doch, die sich verändert hat: Ich arbeite jetzt für die Kirche. Und immer wenn zum Abschluss der Christmette das Lied "Stille Nacht" angestimmt wird, dann ist das auch ein wenig Balsam für die eigene Seele. In den wenigen Minuten, in denen die Menschen hier näher zusammenrücken und voll Inbrunst "Christ, der Retter ist da!" singen, hinterfrage ich einmal nicht, warum vielen von ihnen den Rest des Jahres nicht oder nur selten in die Kirche kommen. Oder ob der, der da gerade vor mir zum Altar gegangen ist, eventuell Protestant oder wiederverheiratet war. Ich blicke nach links und nach rechts, zu den Menschen die mir wichtig sind und schließlich nach vorne zur Krippe. Geborgenheit und Zuversicht.
Von Björn Odendahl