Theologe zu Finanzskandal: Einfachste Regeln missachtet
Als "Abgrund aus systemischem Versagen und Betrug im Umgang mit kirchlichem Vermögen" hat der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller den Finanzskandal im Bistum Eichstätt kritisiert. "Mühsam aufgebautes Vertrauen ist erschüttert", schreibt Schüller in einem Gastbeitrag der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag).
Der Theologe kommt zu dem Schluss: "In Eichstätt wurden offenbar einfachste Grundregeln des Controllings missachtet, es gab keine Compliance-Standards, keine verbindlichen Regeln für ethisch und rechtlich einwandfreies Investment; nicht einmal die Normen des kirchlichen Gesetzbuches wurden umgesetzt." Schüller spricht von einer Mischung aus Gutgläubigkeit und dem "Widerstand leitender Kleriker gegen die Trennung von operativem Geschäft und unabhängiger Kontrolle".
Der Münsteraner Kirchenrechtler hatte bereits am Freitag die Aufarbeitung durch eine externe unabhängige Untersuchungskommission gefordert. Dabei bezog er sich im Interview mit dem "Donaukurier" explizit auf das Vorgehen im Bistum Limburg nach dem überteuerten Bau des dortigen Bischofshauses. Das Gremium müsse "mit wirtschaftlichem, rechtlichem und kirchenrechtlichem Sachverstand die realen Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Geschäfte untersuchen und die Verantwortlichkeiten benennen sowie aufzeigen", so Schüller. Auch Haftungsfragen sei nachzugehen.
Am Montag war bekanntgeworden, dass ein früherer Mitarbeiter des Bistums mit einem Kompagnon durch ungesicherte Kredite auf dem US-Immobilienmarkt einen Schaden von bis zu 60 Millionen US-Dollar (48,2 Millionen Euro) verursacht haben soll. Im Juli 2017 hatte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke gegen beide Personen Strafanzeige erstattet. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft sitzen die Beschuldigten in Untersuchungshaft. Der Vorwurf laute auf Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr.
Bischof Hanke: "Vielleicht hat das alles zu lange gedauert"
In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte Hanke: "Vielleicht hätte ich noch härter durchgreifen müssen." Schon 2012 habe er die ersten Reformen in kirchlichen Stiftungen in Gang gesetzt und dort externe Fachleute in die Gremien berufen. Damit habe er ein klares Signal gesetzt für den weiteren Weg, auch bei der Durchforstung des Vermögens im Bistum.
Es sei ihm aber auch wichtig gewesen, seine leitenden Mitarbeiter für diesen Weg zu gewinnen, unterstrich Hanke. "Da gab es auch Widerstände. Vielleicht hat das alles zu lange gedauert." Er habe aber "auch nur zwei Hände" und könne "nicht mit einem Zauberstab das ganze System auf einmal ändern". Der Bischof reagierte damit auch auf Kritiker, die ihm zu spätes Eingreifen vorwerfen.
Hanke sagte dazu, aus heutiger Sicht wäre es sicher besser gewesen, er hätte bereits 2009 einen ausgewiesenen Fachmann und Nicht-Geistlichen zum Finanzdirektor ernannt. Aber die Zeit lasse sich nicht zurückdrehen. Ihm sei auch nach und nach bewusstgeworden, dass sich das bis dato praktizierte System überlebt habe und die Zuständigkeiten für das operative Geschäft und die Aufsicht darüber strikt getrennt werden müssten. Dies sei inzwischen erfolgt. (rom/KNA)