Trumps Probleme wachsen
Selbst dem Sprachrohr der Republikaner-freundlichen Katholiken in den USA gingen die Argumente aus, um den Präsidentschaftskandidaten weiter zu verteidigen. "Die Überlebensfähigkeit von Donald Trumps Kandidatur steht in Frage", erklärte die katholische Laienorganisation "CatholicVote.org", die bis zu dem Auftauchen des "Hollywood-Access"-Videos beide Augen fest zugedrückt hatte.
"Das Gute, das viele trotz der weitbekannten Fehler Trumps erreichen wollten, steht nun ebenfalls in Frage", räumt die Organisation ein. Sie hatte wie viele andere auf der christlichen Rechten den Charakter Trumps von seinen Positionen zu Abtreibung, Homo-Ehe, Schulwahl und Religionsfreiheit zu trennen versucht. "Wenn Donald Trump nicht bereit ist, zur Seite zu treten, muss die republikanische Parteiführung aus Anstand und Selbsterhalt so schnell wie möglich einschreiten", forderte "CatholicVote.org".
Ein Appell, den Paul Ryan, der Sprecher des Abgeordnetenhauses und ranghöchste gewählte Republikaner, beherzigte. Der katholische Kongressführer aus Wisconsin erklärte, er könne Trump nicht länger verteidigen. Dasselbe empfahl Ryan den Abgeordneten seiner Partei, um ihr politisches Überleben bei den Wahlen am 8. November zu sichern. "Tun Sie, was am besten für ihren Wahlbezirk ist."
Linktipp: Am Ende einer Ära
Der US-Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump geht in die heiße Phase. Die Religion scheint ihren Einfluss auf die Wahl eingebüßt zu haben. Ist das das Ende des "weißen christlichen Amerika"? (Artikel von September 2016)Laut einer Erhebung der Zeitung "USA Today" haben rund ein Viertel aller Republikaner, die für politische Ämter antreten, Konsequenzen gezogen und sich von dem Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei distanziert.
Trump ließ die Abfuhr Ryans und anderer Republikaner nicht unbeantwortet. Der Sprecher des Abgeordnetenhauses sei "schwach und nicht effektiv", griff der Präsidentschaftskandidat den nach dem Präsidenten und Vize-Präsidenten dritthöchsten Repräsentanten der USA an. "Paul Ryan steht für offene Grenzen, Amnestie und schlechte Budgets."
Jeder dritte Katholik würde Trump wählen
Meinungsforscher sehen Trumps Problem mit den Katholiken, die etwa ein Fünftel der Wählerschaft in den USA ausmachen, nun noch größer werden. Laut einer aktuellen Umfrage des unabhängigen Instituts PRRI und des "Atlantic Magazins" liegt Trump unter allen Katholiken mit 21 Prozentpunkten hinter Clinton (34 zu 55 Prozent). Dieser Abstand reflektiert nicht nur die überwältigende Unterstützung Clintons durch katholische Latinos, sondern auch einen Einbruch Trumps bei weißen Katholiken. Dieser Trend zeichnete sich bereits in früheren Umfragen ab und wird durch die neue PRRI-Erhebung bestätigt. Demnach liegt Clinton in dieser Subgruppe mit vier Prozentpunkten (46 zu 42 Prozent) vorn.
John Gehring, in der ökumenischen Laienorganisation "Faith in Public Life" für die katholische Kirche zuständig, versuchte gegenüber dem US-amerikanischen bischöflichen Pressedienst Catholic News Service (CNS) eine Erklärung für das Katholiken-Problem Trumps. "Der gegen Einwanderer gerichtete Nativismus, der krude Sexismus und die Verherrlichung von Reichtum sind keine Werte der Frohen Botschaft." Papst Franziskus habe seine Kirche daran erinnert, so Gehring, "dass eine Kultur des Lebens mehr als ein einzelnes Thema ist und die Dinge miteinander verbunden sind".
Die letzten standhaften Verteidiger Trumps auf der katholischen Rechten der USA lassen dieses Argument nicht gelten. Für sie gibt es eine Hierarchie an Lebens-Themen, die sie über alle anderen Probleme des Kandidaten hinwegsehen lassen. "Ich habe keine andere Wahl, als für ihn zu stimmen", sagt Gail Buckley von der Catholic Leadership Conference, eines Sammelbeckens rechts-katholischer Organisationen in den USA. Hillary Clinton sei wegen ihrer Haltung zur Abtreibung noch weniger akzeptabel. "Ich werde niemals eine Kandidatin unterstützen, die Abtreibung anpreist und die gleichgeschlechtliche Ehe und die meine Religionsfreiheit bedroht."
Giuliani: Sünden kann man Beichten
Trump-Fürsprecher blieb auch der Ex-Bürgermeister von New York, Rudy Giuliani, auch nachdem Trump damit geprahlt hatte, wie er versuchte, eine verheiratete Frau zum Sex zu drängen. Giuliani legte Katholiken, die am Charakter Trumps zweifeln, die Schriften des heiligen Augustinus ans Herz: "Männer können sich ändern, Leute können sich ändern." Und für die Sünde gebe es die Beichte. Giuliani weiß, wovon er spricht. Wie Trump ist er in dritter Ehe verheiratet.