Türkische Zeitung: Patriarch an Putsch beteiligt
In der Türkei werden erstmals direkte Vorwürfe gegen den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. erhoben, in den Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan verwickelt zu sein. Das Ehrenoberhaupt der Orthodoxen paktiere seit langem mit dem von Ankara zum Staatsfeind Nr. 1 erklärten Prediger Fethullah Gülen, titelte das Blatt "Aksam" (Mittwoch). Gülens millionenstarke Bewegung bezeichnet Erdogan als den eigentlichen Verantwortlichen für den Putschversuch am 15. Juli.
Gemeinsames Foto als "Beweis"
Unter einem Foto von Bartholomaios I. mit Fethullah Gülen aus den 1990er Jahren bezeichnet Nachrichtenredakteur Emre Diner die gescheiterte Erhebung von Teilen der türkischen Streitkräfte als "Werk der Gülen-Terorristen, des CIA und des griechisch-orthodoxen Patriarchats in Istanbul". Dieses wies die Behauptung umgehend als "grundlos" zurück. Das Patriarchat stehe schon gut ein Jahrhundert hinter der demokratischen Ordnung von Ankara und habe nie gewaltsame Umstürze unterstützt oder gutgeheißen. Auch die orthodoxen Christen in der Türkei verhielten sich stets loyal gegenüber der rechtmäßigen Regierung.
Linktipp: Metropolit: Bartholomaios I. nicht geflohen
Laut Medienberichten soll Patriarch Bartholomaios I. die Türkei wegen des Putschversuchs fluchtartig verlassen haben. Jetzt widerspricht der griechisch-orthodoxe Metropolit von Österreich, Arsenios."Aksam" nennt als einen der Hintergründe des Militärputsches die Wiederannäherung Erdogans an Putin nach Monaten der Feindseligkeit wegen der Entwicklungen in Syrien. Das Blatt beruft sich dafür auf Hinweise des ehemaligen US-Botschafters im Jemen, Arthur Hughes: Der CIA habe darauf die Gülen-Anhänger und das Patriarchat Konstantinopel aufgeboten, um Erdogan zu stürzen. Gerade Bartholomaios I. sei über den wieder wachsenden Einfluss der Russen am Bosporus besorgt gewesen. Handle es sich doch beim Patriarchat Moskau um seinen gefährlichsten Rivalen um die Führung der Weltorthodoxie.
Der amerikanische Diplomat dementierte am Mittwoch mit Nachdruck, je derartige Informationen verbreitet zu haben. Diese waren zunächst in Moskau auf der Website pravoslavija.ru unter seinem Namen erschienen. Kirchliche Kreise in Istanbul heben hervor, dass frühere Begegnungen und Fotos des Ökumenischen Patriarchen mit Fethullah Gülen nicht als Beweise für ein Nahverhältnis zwischen beiden dienen könnten: Gülen habe sich vor seiner Übersiedlung in die USA 1999 in der Türkei allen religiösen Persönlichkeiten angebiedert, so auch den Armeniern und Juden. Dieselben Beobachtern befürchten, dass das Regime Erdogan die Medienkampagne zum Anlass für Kampfmaßnahmen gegen die griechisch-orthodoxe Minderheit in der Türkei und Patriarch Bartholomaios I. persönlich nehmen könnte. (KNA)