Wechsel an der Spitze des Katholikenkomitees ZdK prägte die Vollversammlung

Überraschung, Abschied und Debatten

Veröffentlicht am 21.11.2015 um 14:56 Uhr – Von Joachim Heinz (KNA) – Lesedauer: 4 MINUTEN
Laien

Bonn ‐ Gänsehaut gab es bei der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) als es um den Wechsel an der Spitze ging: Bei der Abschiedsrede des scheidenden Präsidenten Alois Glück und bei der überraschenden Wahl von Thomas Sternberg.

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Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium - wie Sternberg ebenfalls in der CDU - kam auf 75 von 190 Stimmen, für Sternberg votierten 110 Teilnehmer, bei fünf Enthaltungen.

Ein breiter Rückhalt für Sternberg, der ebenso wie Flachsbarth Wert auf eine faire Auseinandersetzung legte. Das in Medienberichten genutzte Wort von der Kampfkandidatur mochte im ZdK niemand hören. Der CDU-Politiker überzeugte die Vollversammlung mit klaren Ansagen. Etwa, dass künftig die ökumenische Arbeit noch mehr in den Vordergrund zu rücken sei, um in einer säkularen Gesellschaft als Christen Gehör zu finden. Oder dass sich das ZdK im Dialog mit dem Islam stärker profilieren müsse.

Positives Echo aus Kirche und Politik nach Wahl Sternbergs

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erklärte zur Wahl Sternbergs, er freue sich auf eine "gute und vertrauensvolle Kooperation". Bundespräsident Joachim Gauck wünschte Sternberg Mut und Geschick. In der Wahl drücke sich Anerkennung für die bisher geleistete Arbeit und das Vertrauen aus, das Sternberg in seinen aktuellen Funktionen genieße, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Ich wünsche ihm dazu viel Glück und Gottes Segen und freue mich auf eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit." Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) würdigte das ZdK als "wichtige Stimme in den öffentlichen Debatten". (KNA)

Selbstbewusst blickte der 63-Jährige auf das Verhältnis des Katholikenkomitees zur Deutschen Bischofskonferenz. Die katholischen Laien müssten stärker in die politische Debatte gehen, sagte er in einem ersten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur. Die Kernkompetenz der Bischöfe hingegen liege im pastoralen Bereich. In jüngster Zeit habe er den Eindruck gehabt, so Sternberg, dass das ZdK mehr Pastoral, die Bischofskonferenz mehr Politik betreibe. "Wir sollten die Stärken besser nutzen und die Kräfte bündeln."

Wie lassen sich Impulse aufnehmen?

Ein frischeres und lebendigeres Auftreten wünscht sich der neue ZdK-Präsident. Wie nötig das ist, zeigte der weitere Verlauf der Vollversammlung, die am Samstag endete. Die Diskussionen über die Flüchtlingskrise (siehe Info-Kasten unten) oder die Kulturpolitik wurden wie immer mit Engagement geführt. Aber eine brillante Analyse von ZDF-Chefredakteur und ZdK-Mitglied Peter Frey zur politischen Rolle der Kirche - am Samstag vorgetragen mit Blick auf die aktuellen Terrormeldungen aus Brüssel - ließen die Teilnehmer eher im Raum stehen. Wie sich solche Impulse jenseits von Ad-hoc-Arbeitsgruppen und Erklärungen, von ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper mit leiser Ironie als "heilige Kühe" bezeichnet, aufnehmen lassen, wird eine wichtige Frage unter der Präsidentschaft Sternbergs sein.

Denn noch verfügt das ZdK über Anziehungskraft im politischen und gesellschaftlichen Raum. Glückwünsche für Sternberg gab es nicht nur vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sondern auch von Bundespräsident Joachim Gauck und SPD-Chef Sigmar Gabriel (siehe Info-Kasten oben). In Bonn sehen ließen sich auch prominente ZdK-Mitglieder wie der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet sowie die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und die rheinland-pfälzische Oppositionsführerin Julia Klöckner (beide CDU).

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Video: © katholisch.de

Maria Flachsbarth wurde nicht zur Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken gewählt. Im Interview reagiert sie auf die Wahl Sternbergs und wirft den Blick auf die Zukunft des ZdK.

Der Dank der Vollversammlung ging an Sternbergs Vorgänger Alois Glück. Sechs Jahre lang hatte der CSU-Politiker die Geschicke des Gremiums geleitet. Zum letzten Mal hatte er vor der Wahl als Präsident das Wort im Plenum ergriffen. Von einem "Vermächtnis" zu sprechen, würde dem nüchtern-pragmatischen Wesen Glücks wohl widersprechen. Aber eindrücklich rief der scheidende ZdK-Chef dazu auf, weiter Menschen für die Mitarbeit in Verbänden und Parteien zu gewinnen. Um eine Demokratie lebendig zu halten, brauche es mehr als Facebook und Co. Innerkirchlich warnte Glück noch einmal davor, sich in Grabenkämpfen zu verlieren.

Es folgte minutenlanger Applaus. Nach dem Gedenken an die Opfer des islamistischen Terroranschlags von Paris - ein gesungenes französisches "Vater unser" gefolgt von der auf Deutsch gebeteten Fassung - war das ein zweiter Gänsehaut-Moment gleich zu Beginn der Vollversammlung.

Katholikenkomitee gegen Begrenzung bei Familiennachzug

Das ZdK hat sich gegen eine Begrenzung des Familiennachzugs von Flüchtlingen ausgesprochen. "Aus menschenrechtlicher wie aus christlicher Perspektive ist die erzwungene Trennung von Ehepaaren und Familien nicht hinzunehmen", heißt es in einer am Samstag in Bonn verabschiedeten Erklärung. Viele Familien würden allein dadurch getrennt, dass es keine legalen Einreisemöglichkeiten nach Europa gebe. Um etwa Schleuser zu bezahlen, könnten Familien meist nur eine Person auf den Weg nach Europa schicken. Weiter betont das Papier, dass bereits jetzt nur Ehepartner und leibliche Kinder nachgeholt werden dürften. "Den schon jetzt streng reglementierten Familiennachzug noch weiter zu begrenzen und den Ehepartnern und Kindern der Geflüchteten die Einreise nach Europa und damit den Schutz vor Krieg und Gewalt zu verwehren, widerspricht zutiefst unserer christlichen Überzeugung." (KNA)
Von Joachim Heinz (KNA)